Bundesfreiwilligendienst im Nettetal
Schlüssel rein, Motor an und los geht die Fahrt.
Diese Abfolge stellt eine wiederkehrende Rolle im Bundesfreiwilligendienst an der Fachklinik Nettetal dar.
Seit acht Monaten bin ich als Freiwilligendienstlerin tätig.
Vor dem Antritt meines freiwilligen sozialen Jahres hatte ich vor der Einrichtung großen Respekt.
Als junge Frau kann die therapeutische Arbeit mit suchtkranken Männern illegaler Drogen durchaus abschreckend wirken. Geprägt von Vorurteilen hatte ich anfangs ein Bild von einem übergriffigen und respektlosen Klientel im Kopf. Doch genau dieses Bild, welches von der Gesellschaft unterschwellig vermittelt wird, wollte ich ablegen und war interessiert daran, hinter die Fassade zu schauen und sich andere Blickwinkel einzuholen.
Mit dem Beginn in der Fachklinik Nettetal legte sich das belastete Bild schnell, zum Einen durch den direkten und respektvollen Kontakt mit den Rehabilitanden und zum Anderen durch das offene und herzliche Team.
Als Bundesfreiwillige bin ich fester Bestandteil des Alltags der Rehabilitanden und arbeite im Gesamtbereich der Klinik. Hauptsächliche Berührungspunkte finden im Bulli statt, mit welchem ich Arztfahrten übernehme, Rehabilitanden zu ihrem Substitut fahre, Einkäufe erledige oder Neuaufnahmen abhole. Dieser Raum stellt für mich eine Verbindung in die Tiefgründigkeit inmitten des Alltäglichen her. Dieser Bulli fungiert oftmals als geschützter Ort, wo Gefühle offenbart, Vertrauen aufgebaut, und auch Tränen fließen können. Ein Raum, welcher ermöglicht, verschiedene Lebensgeschichten zu erfahren und teilweise auch Verständnis für Suchterkrankungen zu entwickeln.
Interessant sind auch die Begegnungen mit den Rehabilitanden, welche unter einer Doppeldiagnose Sucht und Psychose leiden. Bei diesen Menschen ist es faszinierend, Entwicklungen hinblickend auf Vertrauen und Annäherung zu beobachten. Das Erleben der allgemeinen Persönlichkeitsentwicklungen während diesen Monaten ist unersetzbar. Darüber hinaus zu analysieren, welche Therapiemethoden wirksam sind und inwiefern Indikationsgruppen wie Rückfallprophylaxe, Emotionsregulation oder soziales Kompetenztraining fruchten, bereichert mich.
Aber auch den Kontrast zu erleben, Rückfälle mitzubekommen, unterstreicht die Fragilität von Sucht. Es wird deutlich, dass man als Freiwillige enorm viele Einblicke und Facetten in der Suchttherapie erleben kann. Die Zeit ermöglicht Menschen hinter diagnostizierten Krankheitsbildern kennenzulernen.
Diese Momente werden darüber hinaus von einem großartigen Team begleitet. Deine Sorgen oder Zweifel werden direkt wahrgenommen und angegangen. Es herrscht eine offene und authentische Kommunikation, wodurch ich mich nie mit einer Situation oder Aufgabe alleine fühlen muss.
Neben den Fahrten darf man sich aber auch nicht zu schade sein, Urinkontrollen vorzubereiten oder die Kaffeemaschine sauber zu machen. Wobei auch diese eher unbeliebten Aufgaben immer einen Brückenschlag zum Kontakt mit den Rehabilitanden darstellen.
Mit der Tätigkeit im Gesamtbereich der Klinik geht auch die Arbeit in der Verwaltung einher. Dadurch gehört auch das Abheften und Sortieren von Dokumenten oder Rechnungen in Akten zu meinem Alltag.
Im Hinblick auf all diese facettenreiche Berührungspunkte und das herzliche Team kann ich dir den Freiwilligendienst an der Fachklinik Nettetal von ganzem Herzen empfehlen. Du lernst nicht nur einen Bulli gut zu fahren, sondern du gewinnst an Eigenständigkeit, Struktur und vor allem erhältst du einen intensiven und umfangreichen Einblick in die Berufsfelder der Suchttherapie. Du lernst Menschen hinter der gesellschaftlichen Fassade kennen und lernst, welche Geschichten sie mitbringen. Du erfährst die Fragilität von Suchterkrankung, aber auch das Fruchten von Therapiemethoden.
Es ist ein Jahr, welches dir auf deinem weiteren beruflichen Weg durchaus Kompass sein kann und sich positiv auf deine allgemeine Welt- und Wertevorstellung auswirkt!
Das sind meine Pros:
- Fester Bestandteil im Alltag
- Viele Berührungspunkte mit Rehabilitanden
- Sympathisches & offenes Team - fürsorgliche Wahrnehmung
- Tolerantes/Respektvolles Arbeitsklima
- Sammelt Berufserfahrung
- Kennenlernen von therapeutischen Arbeiten
- Erfassen von Krankheitsbildern der Sucht
- Begleitung von Therapieentwicklung - Rückfälle, Substitution, erfolgreicher Abschluss
- Stärkung des Selbstbewusstseins
- Förderung der Eigenständigkeit & Fahrskills
Das waren meine Aufgaben:
- Mitgestaltung des Alltags
- Einkäufe
- Arztfahrten
- Aufnahmen
- Verwaltung - Akten, Rechnungen
- UK-Labor
- Nicht zu schade sein, sich beim Sauber machen der Kaffeemaschine die Hände schmutzig zu machen
- Erste Ansprechpartnerin sein & vermitteln können