(M)ein BFD im Theresienhaus
Justin macht aktuell seinen Freiwilligendienst im Theresienhaus, Janna arbeitet zum dritten Mal nach Ihrem BFD in der vorlesungsfreien Zeit in der Einrichtung für Suchtkranke mit. Nun haben sich beide gegenseitig interviewt und wollen Andere für ein #wertvolljahr begeistern! Sie berichten über ihre Motivation, Erwartungen, Erfahrungen, das Erleben ihres Einsatzes bzw. des Studiums während der Corona-Pandemie, der persönliche und berufliche Mehrwert des Freiwilligendienstes und ihre Zukunftspläne.
Wer bist du?
Justin
Ich bin Justin Sperling, 20 Jahre alt und bin seit einem Jahr für meinen BFD im Theresienhaus in Glandorf. Ich wohne im Landkreis Osnabrück und habe vor meinem BFD mein Fachabitur gemacht. Nun verbinde ich mit den tollen Erfahrungen, die ich hier im BFD mache, auch das Praktische, nämlich das Absolvieren des praktischen Teils für die Fachhochschulreife.
Neben meiner Arbeit im Theresienhaus kellnere ich aktuell auf der Flötzinger Alm, um noch etwas mehr Geld zur Verfügung zu haben. In meiner sonstigen Freizeit kümmere ich mich um ungefähr 50 Tiere bei mir zu Hause. Also ist bei mir immer einiges los.
Janna
Ich heiße Janna Dreckkötter, bin 23 Jahre alt und habe 2017 sechs Monate einen Kurzzeitbundesfreiwilligendienst im Theresienhaus Glandorf gemacht. Anschließend bin ich nach Koblenz gezogen, wo ich nun Soziale Arbeit studiere. Mittlerweile bin ich im 7. und damit letzten Semester und schreibe aktuell meine Bachelorarbeit. Dazu führe ich im Theresienhaus Interviews mit Bewohner*innen zum Thema "Umgang mit der Verfügbarkeit von Alkohol im Alltag".
Seit dem Ende meines BFDs bin ich immer wieder zu Besuch im Theresienhaus und arbeite im Sommer immer für einige Wochen Vollzeit mit. Wie die Arbeit im Theresienhaus ist und wieso ich immer wieder hierher komme, schreibe ich unten nochmal.
Was gibt es sonst noch über mich zu erzählen? Ich habe im Rahmen meines Studiums fünf Monate lang in einer Justizvollzugsanstalt in der internen Suchtberatung gearbeitet und dort viele spannende Dinge erlebt und gelernt. Außerdem bin ich ehrenamtlich bei dem Präventionsprojekt "Verrückt - Na und" tätig. In diesem Projekt klären wir Schüler*innen innerhalb eines Projekttages über psychische Gesundheit auf. Zudem bin ich ehrenamtliche Beraterin bei #gemeinsamstatteinsam, einer Online-Beratung der Caritas. Dort berate ich Gleichaltrige, die eine Krise durchlaufen. Zusätzlich kann man mich als Speakerin bzw. Referentin für Vorträge und Fortbildungen zum Thema "Psychische Gesundheit" engagieren. So viel zu mir an dieser Stelle.
Wie war der BFD für dich?
Justin
Für mich war die Entscheidung einen Bundesfreiwilligendienst zu absolvieren eine sehr gute und wichtige. Nach der Schule brauchte ich erstmal eine Zeit der Praxis und der Selbstständigkeit. In meinem BFD hat sich sogar mein Berufswunsch nochmal geändert. Ich wollte vor einem Jahr noch biomedizinische Technik studieren, nun aber bewerbe ich mich für einen Studienplatz der Sozialen Arbeit und habe schon richtig Lust auf das Studium.
Durch meinen BFD bin ich selbstbewusster geworden und habe meine Durchsetzungsfähigkeit trainiert. Außerdem habe ich gelernt Grenzen zu setzen und meine eigenen zu erkennen. Außerdem habe ich mein Organisationstalent weiter ausgebaut.
Ich fand es in meinem BFD wirklich schön, dass meine Arbeit immer wertgeschätzt wurde und ich direkt freundlich in das Team aufgenommen wurde. Durch die positiven Rückmeldungen aus dem Team und auch von den Bewohner*innen, habe ich viel Sicherheit und Selbstvertrauen erlangt. Auch das hat meinen Berufswunsch gestärkt, weil ich erkannt habe, was für eine sinnstiftende und wertvolle Arbeit hier im Theresienhaus aber auch generell im Bereich der Sozialen Arbeit geleistet wird.
Außerdem habe ich in meinem BFD viele neue Leute auf den Seminaren kennengelernt, die ich nun zu meinen Freunden zählen kann. Die Seminare haben mir wirklich viel Spaß gemacht und auch dort konnte ich einiges für mich persönlich aber auch für meinen beruflichen Werdegang mitnehmen.
Janna
Die Zeit des Bundesfreiwilligendienstes war eine ganz besonders wertvolle Zeit für mich. Warum? Naja, das sind eigentlich zwei große Punkte, die diese Zeit wertvoll für mich gemacht haben.
Einerseits war es für mich enorm wichtig nach der Abiturzeit, die mit viel Leistungsdruck und Stress im Zusammenhang stand, eine Zeit zu haben, in der ich einfach mal etwas praktisch und ohne Bewertungsdruck machen kann. In dieser Zeit konnte ich mich ausprobieren, Grenzen kennenlernen und prüfen, ob mein Berufswunsch der Sozialarbeiterin tatsächlich passend für mich ist.
Andererseits habe ich innerhalb der sechs Monate meiner Tätigkeit im Theresienhaus unglaublich viele berufliche Erfahrungen sammeln können, die auch jetzt im Studium sehr relevant für mich sind. Ich habe im BFD Berührungsängste verloren und ein tiefgreifendes Verständnis für Suchterkrankungen aufbauen können.
Mein BFD ist nun ungefähr dreieinhalb Jahre her und ich erinnere mich wirklich gerne zurück an diese Zeit. Es war tatsächlich eine der besten Zeiten, die ich hatte und das meine ich vollkommen ernst. Ich habe im Team und auch von den Bewohner*innen sehr viel Wertschätzung und Dankbarkeit erfahren und mich direkt wohlgefühlt. Auch jetzt, wenn ich einmal pro Jahr für eine kurze Zeit zum Arbeiten wiederkomme, werde ich vom Team und auch von den Bewohner*innen jedes Mal mit offenen Armen empfangen. Das ist jedes Mal ein wunderbares Gefühl, weshalb ich gerne hier bin.
Was stellst du dir für deine Zukunft vor?
Justin
Für meine Zukunft erhoffe ich mir einen Studienplatz für Soziale Arbeit in der Umgebung von Osnabrück. Ich bin schon sehr neugierig auf das Studium und die Inhalte.
In welchem Bereich der Sozialen Arbeit ich später arbeiten möchte, kann ich noch nicht sicher sagen. Daher möchte ich mein Studium dazu nutzen, auch in andere Bereiche der Sozialen Arbeit hineinzugucken und dort Erfahrungen zu sammeln. Im BFD konnte ich aber auf jeden Fall schon feststellen, dass der Bereich der Suchtkrankenhilfe sehr spannend und vielfältig ist.
Für meine berufliche Zukunft wünsche ich mir ein genauso angenehmes und aufgeschlossenes Team wie hier im Theresienhaus.
Janna
Ich werde mein Studium voraussichtlich im Januar/Februar 2021 beenden. Dann bin ich staatlich anerkannte Sozialarbeiterin und freue mich schon sehr auf die Berufspraxis. Ich würde sehr gerne weiterhin im Feld der Suchtkranken- oder Straffälligenhilfe arbeiten und male mir dabei auch gute Chancen aus, einen guten Job zu finden. Wahrscheinlich werde ich auch nach dem Studium noch etwas in Koblenz wohnen bleiben, da die Stadt und die Region wirklich schön ist (an dieser Stelle eine kleine Werbung für einen Kurztrip nach Koblenz und in die Region).
Ich möchte neben der Tätigkeit als Sozialarbeiterin gerne weiterhin auch die Vorträge zum Thema "Psychische Gesundheit" halten, weil die Resonanz bisher überwältigend war und mir auch diese Arbeit viel Freude bereitet.
Später kann ich mir vorstellen auch noch einen Master im Bereich der Sucht-/Sozialtherapie zu machen, aber zunächst möchte ich etwas praktisch arbeiten und weitere Erfahrungen sammeln.
Wie hast du und erlebst du jetzt die Zeit der Corona-Pandemie?
Justin
Die Corona-Pandemie war für mich im BFD schon eine besondere Herausforderung und war auch mit viel Stress verbunden. Ich musste mich zusätzlich zu meinen alltäglichen Aufgaben noch um viele Einkäufe kümmern. Außerdem war generell eine angespannte Stimmung nicht nur in der Gesellschaft an sich, sondern auch ganz besonders bei den Bewohner*innen, die das Haus zeitweise nicht verlassen durften.
Zu meinem großen Bedauern fielen auch alle Seminare in dieser Zeit aus. Auch das Umstellen auf Online-Seminare war mit viel Stress und Unsicherheiten verbunden. Ich persönlich habe die Online-Seminare als sehr anstrengend empfunden und bedauere es etwas, dass ich meine Gruppe in dieser Zeit nicht persönlich sehen konnte und wir auch keinen richtigen Abschluss gestalten konnten.
Janna
Im Februar war ich noch in Südamerika, dann wenige Wochen nach meiner Rückkehr schlug die Corona-Pandemie auch in Deutschland mit voller Wucht zu. Normalerweise studiere ich im Präsenz-Studiengang, bin also immer in der Hochschule zu den Veranstaltungen. Kurzerhand wurden alle Seminare und Vorlesungen auf ein Online-Format umgestellt, was natürlich auch einige Probleme mit sich brachte. Auch das nächste Semester wird bei mir überwiegend online stattfinden, dazu braucht man einiges an Selbstdisziplin und Organisationstalent beim Lernen.
Normalerweise hätte ich im Rahmen meines Studiums auch ein Projekt in der Justizvollzugsanstalt durchgeführt. Da diese für externe Personen eine Zeit lang nicht zugänglich war, musste ich auch mein Projekt umplanen. Auch das hat viel Organisation und auch einiges an Frustration mit sich gebracht.
Nun bin ich für sechs Wochen wieder im Theresienhaus. Anfangs war es eine komische Vorstellung hier den ganzen Tag mit einer Maske herumzulaufen, aber es hat sich als gar nicht schlimm herausgestellt. Sicher, es ist ein etwas anderes arbeiten und man achtet mehr auf Abstände und Hygiene, aber es macht trotzdem Spaß. Auch meine Sorge, von Bewohner*innen wegen der Maske nicht wiedererkannt zu werden, hat sich nicht bewahrheitet.
Was waren für dich die Highlights im BFD?
Justin
Für mich war es immer ein Highlight, wenn ich etwas für eine*n Bewohner*in erledigt habe und die Dankbarkeit dafür direkt erfahren habe.
Außerdem hat es mir immer eine große Freude bereitet, Ausflüge zu planen und so mit den Bewohner*innen etwas aus dem Alltag auszubrechen. Auch das Kegeln, was zwar zum Alltag hier gehört, hat immer viel Spaß gemacht, da ich die Bewohner*innen dort immer noch etwas persönlicher kennengelernt habe.
Janna
In meinem BFD und auch jetzt sind die wöchentlichen Fahrten zum Kegeln mit den Bewohner*innen immer ein Highlight (gewesen). Außerdem plane ich in der kurzen Zeit, die ich im Sommer immer hier bin einige Ausflüge und fahre zum Beispiel ins Kino oder in den Zoo mit den Bewohner*innen. Das macht mir natürlich viel Spaß.
Außerdem ist es für mich jedes Mal ein Highlight, wenn ich von Bewohner*innen und Kolleg*innen freudestrahlend begrüßt werde, wenn ich mal wieder hereinschaue.