Rote Luftballons gegen Bundesteilhabegesetz nach Berlin
"Bundesteilhabegesetz - So nicht!" - knapp 1.000 rote Luftballons, bedruckt mit diesem Ausruf, haben Betroffene, Angehörige und Mitarbeiter der Caritas-Werkstätten Papenburg und Börger sowie von der Tagesbildungsstätte des St. Lukas-Heim zeitgleich aufsteigen lassen, um auf die vielen Benachteiligungen beim Bundesteilhabegesetz aufmerksam zu machen. Damit beteiligten sie sich an eine landesweite Aktion der Caritas-Einrichtungen der Behindertenhilfe in Niedersachsen (AG CEBN).
Defekte Rollstühle hatte man vor den Einrichtungen platziert: Mit dieser Symbolik wurde verdeutlicht, dass es mit dem Gesetzesvorhaben derzeit nicht rund läuft. "Wenn alles so bleibt wie geplant, und danach sieht es im Moment aus, haben nach dem neuen Bundesteilhabegesetz weniger Menschen Anspruch auf Eingliederungshilfe", machte Heinz-Bernhard Mäsker, Geschäftsführer der Caritas-Werkstätten nördliches Emsland deutlich. Denn künftig soll nur noch Eingliederungshilfe bekommen, wer in mindestens fünf von neun Lebensbereichen Unterstützung benötigt. Um tatsächliche Teilhabe zu gewährleisten, müssen auch Menschen ein Recht auf Eingliederungshilfe erhalten, die nur in einem oder wenigen Bereichen Unterstützung benötigen. Das würde nach seinen Worten Menschen isolieren statt inkludieren. Im häuslichen Umfeld soll die Pflegeversicherung als Kostenträger künftig Vorrang gegenüber der Eingliederungshilfe haben. Dadurch droht schwer- und mehrfachbehinderten Menschen die Abschiebung in Pflegeeinrichtungen ohne weitere Förderung. "Eine umfassende und selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben lässt sich allein über die Leistungen der Pflege nicht erreichen", sagte Mäsker. Daher wird gefordert, dass Leistungen der Eingliederungshilfe, wie auch aus der Pflegeversicherung Menschen mit Behinderungen gleichrangig zur Verfügung stehen müssen. Probleme zeichnen sich auch im Bereich Wohnen ab. Denn durch die geplante Trennung von Teilhabe- und existenzsichernden Leistungen droht eine Leistungslücke für Menschen, die in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe leben. An dieser Schnittstelle ist die Kostenübernahme nach derzeitigem Stand des Bundesteilhabegesetzes nicht geklärt. Wenn es weniger Geld für das Wohnen gibt, müssen Menschen ihre vertraute Umgebung schlimmstenfalls verlassen. Wohneinrichtungen nach jetzigem Standard wären künftig nicht mehr finanzierbar. Geschichtlich betrachtet wurden diese Hilfen jedoch über Jahrzehnte entwickelt.