Die Änderungen des Gesetzgebers sind vielfältig. Das betrifft auch die Grundsicherung im Alter sowie bei Erwerbsminderung und die Erhöhung des Kindergeldes. In diesem Zuge wurden auch Neuerungen bei der Eingliederungshilfe umgesetzt. In einer angehängten PDF-Datei sind die konkreten Änderungen ersichtlich.
Der Gesetzgeber hat das Sozialgesetzbuch geändert. Unter anderem wurde aus Hartz IV das Bürgergeld. Jürgen Eden/St. Lukas-Heim
Grundsicherung
Grundsicherungsberechtigte, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) oder einer Tagesförderstätte beschäftigt sind, erhalten einen Mehrbedarf für die dortige gemeinschaftliche Mittagsverpflegung. Der Mehrbedarf beläuft sich im Jahr 2023 auf 3,80 Euro pro Arbeitstag. Der Vermögensschonbetrag wurde von bisher 5.000 Euro auf nunmehr 10.000 Euro angehoben. Seit 2023 wird zudem ein angemessenes Kraftfahrzeug dem geschützten Vermögen zugeordnet. Angemessen ist ein Kraftfahrzeug, wenn es einen Verkehrswert von 7.500 Euro nicht überschreitet. Die Grundsicherung wird in der Regel unabhängig vom Einkommen der Eltern gewährt. Nur wenn das jährliche Gesamteinkommen eines Elternteils 100.000 Euro überschreitet, müssen sich die Eltern mit einem Unterhaltsbeitrag an den Kosten der Grundsicherung beteiligen. Dieser Unterhaltsbeitrag beträgt jetzt 32,46 Euro pro Monat.
Kindergeld
Seit dem 1. Januar 2023 beträgt das Kindergeld für alle Kinder einheitlich 250 Euro pro Monat. Das Kindergeld dient dazu, das Existenzminimum des Kindes von der Einkommensteuer freizustellen. Eltern, die ein sehr hohes Jahreseinkommen haben, erhalten statt des Kindergeldes beim Einkommensteuerjahresausgleich einen Kinderfreibetrag. Mit dem Inflationsausgleichsgesetz vom 10. November 2022 wurde der Kinderfreibetrag rückwirkend für das Jahr 2022 angehoben. Im selben Gesetz ist auch in den Jahren 2023 und 2024 ein Anstieg des Kinderfreibetrages vorgesehen.Für ein behindertes Kind können Eltern über das 18. Lebensjahr hinaus und ohne altersmäßige Begrenzung Kindergeld erhalten, wenn das Kind wegen einer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Außerstande sich selbst zu unterhalten ist das Kind, wenn es finanziell nicht dazu in der Lage ist, seinen notwendigen Lebensbedarf zu decken. Der notwendige Lebensbedarf eines behinderten Kindes setzt sich aus dem steuerlichen Grundfreibetrag sowie dem individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarf zusammen. Mit dem Steuerentlastungsgesetz 2022 vom 23. Mai 2022 wurde der Grundfreibetrag für das Jahr 2022 rückwirkend zum 1. Januar 2022 von 9.984 Euro auf 10.347 Euro erhöht. Ferner erfolgte durch das Inflationsausgleichgesetz vom 10. November 2022 eine Anhebung des Grundfreibetrages für die Jahre 2023 und 2024.
Eingliederungshilfe
An den Kosten vieler Leistungen der Eingliederungshilfe müssen sich Menschen mit Behinderung finanziell beteiligen, wenn ihr Einkommen und Vermögen bestimmte Grenzen überschreitet. Für Ehegatten und unterhaltsberechtigte Kinder werden außerdem Zuschläge berücksichtigt. Orientierungspunkt für diese Grenzen ist die Bezugsgröße der Sozialversicherung, die jährlich erhöht wird. Im Jahr 2023 beläuft sich die Bezugsgröße auf 40.740 Euro. Der Vermögensfreibetrag ist dadurch auf 61.110 Euro gestiegen.
Betreuungsrecht
Das Betreuungsrecht ist mit Wirkung ab dem 1. Januar 2023 insgesamt modernisiert und neu strukturiert worden. Im Mittelpunkt der Änderungen steht die Stärkung des Selbstbestimmungsrechts betreuungsbedürftiger Menschen. So wird beispielsweise die Unterstützungsfunktion der Betreuer:innen bei der Besorgung rechtlicher Angelegenheiten deutlicher klargestellt. Sie hat Vorrang vor stellvertretendem Handeln. Ausdrücklich wird in der gesetzlichen Neuregelung festgeschrieben, dass der Vorrang der Wünsche der Betreuten zentraler Maßstab des Betreuungsrechts ist, der für das Handeln der Betreuer:innen, deren Eignung und auch die Wahrnehmung der gerichtlichen Aufsicht gilt. Auf den Begriff des Wohls verzichtet das neue Betreuungsrecht. Damit soll nicht mehr ein allgemeines und in der Praxis oft missverstandenes Wohl Leitlinie allen betreuungsrechtlichen Handelns sein, sondern die subjektive Sichtweise der Betreuten. Auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht wird das Selbstbestimmungsrecht rechtlich betreuter Menschen gestärkt. Betreute sind jetzt grundsätzlich prozessfähig, können also selbst bei Gericht Erklärungen abgeben, Anträge stellen oder gegen Gerichtsentscheidungen vorgehen. Briefe vom Gericht oder von Behörden gehen nicht nur an die Betreuer:innen, sondern auch an die Betreuten selbst. Der Erforderlichkeitsgrundsatz wird jetzt ebenfalls besser umgesetzt. Das gilt unter anderem für die Aufgabenbereiche der Betreuer:innen, die nun im Einzelnen anzuordnen sind. Eine Betreuung in allen Angelegenheiten gibt es daher seit 2023 nicht mehr.
Krankengeld für Eltern und weitere Leistungen
Die Dauer des Kinderkrankengeldes, das berufstätige Eltern beanspruchen können, wenn sie ihr erkranktes Kind betreuen müssen, wurde aufgrund der Corona-Pandemie für das Jahr 2023 erneut erhöht. Gesetzlich krankenversicherte Eltern erhalten das Krankengeld für 30 Arbeitstage je Kind. Alleinerziehenden steht der Anspruch für 60 Tage zu. Bis zum 7. April 2023 besteht der Anspruch auf Kinderkrankengeld auch dann, wenn die Betreuung des Kindes aufgrund einer vorübergehenden pandemiebedingten Schließung von Schulen oder Einrichtungen von Menschen mit Behinderung erforderlich ist. Gesetzlich Versicherte können sich von den Zuzahlungen zu Leistungen der Krankenversicherung befreien lassen, wenn bestimmte Belastungsgrenzen überschritten sind. Im Jahr 2023 beläuft sich diese Grenze für Grundsicherungsberechtigte auf 120,48 Euro bzw. - sofern bei ihnen eine schwerwiegende chronische Erkrankung besteht - auf 60,24 Euro.
Ausblick: Außerklinische Intensivpflege Ab dem 31. Oktober 2023 kann die sogenannte außerklinischen Intensivpflege (AKI) nur noch nach der Außerklinischen-Intensivpflege-Richtlinie (AKI-RL) verordnet werden. Alte Verordnungen nach der Richtlinie über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege (HKP-RL) verlieren zum gleichen Zeitpunkt ihre Gültigkeit. Zum Hintergrund: Anspruch auf AKI haben Menschen mit einem besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege. Die meisten von ihnen werden künstlich beatmet. Ursprünglich sollten AKI-Verordnungen ab dem 1. Januar 2023 nur noch auf der Grundlage der AKI-RL erfolgen. Da sich jedoch Versorgungsengpässe abzeichneten, hat der Gemeinsame Bundesausschuss noch einmal nachgesteuert und im Oktober 2022 eine neue Übergangsregelung beschlossen. Diese sieht vor, dass AKI-Verordnungen auch in der Zeit vom 1. Januar bis 30. Oktober 2023 weiterhin nach der HKP-RL möglich sind. In diesem Zeitraum können Verordnungen also wahlweise entweder nach der AKI-RL oder nach der HKP-RL erfolgen. Der verordnete Leistungsumfang ist in beiden Fällen der gleiche. Die Ausstellung einer HKP-Verordnung ist jedoch mit einem geringeren Aufwand verbunden, weil bei beatmeten Patient:innen z.B. zuvor keine Potenzialerhebung zu erfolgen hat.
Quelle: Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen (bvkm)