Klosterbauer im Einsatz in Uljanowsk
Nach getaner Arbeit: die Klosterbauer Friedhelm Lange, Dieter Gommer, Hermann Hinrichs (oben von links), Dr. Klaus Muck Helmut Klecker, Hermann Krümpelmann, (unten von links). In der Mitte Nariza, die Dolmetscherin. privat
Uljanowsk - eine wohl weniger bekannte Stadt - und doch mit mehr als 600.000 Einwohnern größer als beispielsweise Frankfurt a.M. Wie Marx und Saratow direkt an der Wolga gelegen. Schaut man auf das Bistum St. Clemens, liegt diese Stadt in dessen Norden, direkt angrenzend an die wohlhabende autonome Republik Tartastan mit ihrer Hauptstadt Kazan (etwa 1,2 Mio. Einwohner).
Uljanowsk war das Ziel von sechs Klosterbauern des Caritasverbandes Osnabrück. Was war zu tun? Die örtliche noch junge Kirchengemeinde hatte um Unterstützung gebeten für den Ausbau des Dachgeschosses im dortigen Gemeindezentrum. Der Dachraum war vor Jahren bereits vertäfelt worden, in dieser Gesamtgröße aber unpraktisch und kaum nutzbar.
Pfarrer Ezequiel, ein noch sehr junger Pfarrer argentinischer Herkunft engagiert sich seit Jahren für den Aufbau seiner Kirchengemeinde. Er möchte sich gerne noch stärker um die vielen Jugendlichen kümmern, sie in die allgemeine Gemeindearbeit integrieren.
Bischof Pickel unterstützt Pfarrer Ezequil. Und wie so häufig hatte Ottmar Steffan die Idee, die Klosterbauer mit der Umsetzung zu betrauen. Eine Vorhut, bestehend aus Hermann Krümpelmann und Hans Vorholt "erkundete" die künftige Baustelle, fertigte erste Pläne und kümmerte sich um die Beschaffung des notwendigen Baumaterials.
Sind Gipskartonplatten in Uljanowsk zu kaufen? Und die dazu passende Spachtelmasse? Welche Maschinen sollten wir besser mitbringen? Antwort: In russischen Großstädten gibt es inzwischen bestens ausgestattete Baumärkte. Sie lassen kaum Wünsche offen. Mehr noch: Uns Hobbyhandwerkern waren viele der dort angebotenen Marken bestens vertraut - wohl ein ganz praktischer Vorteil der Globalisierung...
Unsere Reise begann schließlich mit dem Flug von Düsseldorf nach Moskau-Sheremetyevo. Dann wurde es spannend, hatte Ottmar für die weiteren rund 900 Reisekilometer und rund 16 Stunden Richtung Südosten doch eine Zugfahrt im Schlafwagen geordert. Ganz nach dem Geschmack der Klosterbauer, denn für die meisten sollte es eine neue Erfahrung werden.
Ein voll besetzter Zug mit je zwei Frauen pro Waggon für Pass- und Fahrscheinkontrolle, für die Zubereitung von Tee, für Bettwäsche und überhaupt... Wir waren wohl die einzigen Deutschen im Zug unter freundlichen Mitreisenden. Die lange Reisezeit gab gute Gelegenheiten für das ein oder andere Gespräch zum Woher, Wohin und Warum... bis das monotone Fahrgeräusch uns eine durchweg gute Nacht bescherte.
Am Zielbahnhof Uljanowsk wartete bereits Pfarrer Ezequil mit seinem VW-Bulli auf uns. Ab ging es ins das Gemeindehaus. In diesem Haus aus den 50er Jahren ist alles unter einem Dach, Kirchenraum (viel zu klein), Sakristei, Küche, Schlafzimmer für die Pfarrer, zwei Schlafzimmer mit je zwei Doppelstockbetten für uns sowie ein Wohnzimmer - und eine ausgesprochen gute Atmosphäre. Nicht zuletzt wegen Daschkun, der etwa 55jährigen und liebenswürdigen Haushälterin, geboren und aufgewachsen in Armenien. Sie hat uns von morgens bis abends immer bestens versorgt.
Hier eine kleine Auflistung unserer Arbeiten: Rückbau des vorhandenen Toilettenraumes, Neubau eines
Das Ergebnis von 3 Wochen harter Arbeit kann sich wahrlich sehen lassen!privat
zeitgemäßen Badezimmers (mit Dusche), Bau von vier Schlafräumen für max. je drei Betten, Bau von zwei Schlafräumen für ein Einzelbett. Alles in Trockenbauweise (System Knauf). Vorher Auslage des Fußbodens mit Spanplatten zur Egalisierung. Wir sechs Männer haben dabei ganz prima zusammen gearbeitet - und uns mit unseren Fähigkeiten und Arbeitsinteressen gut ergänzt. Nur weil Pfarrer Ezequiel recht konsequent darauf beharrte, gab es eine zweitägige Auszeit. Für ein Wochenende fuhren wir ins rund 250 Kilometer entfernte Kazan - mit unerwarteten Höhepunkten. Hierzu zählen der Besuch des dortigen Kreml, die Teilnahme an einem Samstagabend-Open-Air-Konzert sowie der Besuch bei Sergej, einem 91jährigen emeritierten Professor der Kosmonautik. Trotz seines Alters war er sehr aufmerksam und wir konnten uns in deutscher (!) Sprache mit ihm unterhalten.
Eine Veranstaltung mit Gänsehautgefühl war für uns das Open-Air-Konzert im Park zwischen Haus der Landwirtschaft und Wolga-Ufer. Während das staatliche Symphonieorchester der Republik Tartastan zunächst bekannte Melodien aus Opern und Operetten darbot, wurde zum Ende des Konzerts gegen 22 Uhr "Lilli Marlen" angekündigt, gesungen in Deutsch von der Deutschen Simone Kermes. Für uns ein ganz besonderes Erlebnis. Den Schluss dieses phantastischen Konzerts bildete ein Feuerwerk. Wir schlossen diesen wunderschönen Abend mit einem Besuch in einer Pizzeria und einem guten Bier ab.
von Friedhelm Lange