Klosterbauer helfen in Novotscherkassk
Die Klosterbauer Hermann Hinrichs, Willi Mönter, Willi Behrens, Friedhelm Lange, Hermann Krümpelmann, Franz Harbecke und Friedel Janzen (v.l.n.r.) auf der Brücke über dem Don. Ihr diesjähriger Arbeitseinsatz führte sie in die Nähe von Rostow, nach Novotscherkassk. privat
Sie liegt am nördlichen Rand der Millionenstadt Rostow am Don, etwa im Dreieck zu Wolgograd und Krasnodar - und damit im Bistum St. Clemens. Novotscherkassk hat eine aus dem Jahre 1905 stammende katholische Kirche. Pfarrer Michael aus Polen hat dort eine sehr lebendige Gemeinde.
Dem Kirchengebäude ging es so wie fast allen Kirchen in Russland: Nach Jahrzehnten der Nutzung als Lagerhaus, Werkstatt o.ä. steht sie als Kirche erst wieder seit 1991 für religiöses Leben zur Verfügung. Kirche als auch Pfarrhaus leiden unter vielen baulichen Mängeln. Insbesondere sind Teile des Mauerwerkes und Fenster und Türen dringend renovierungsbedürftig. Noch dringender war aber, die Versorgung mit Kalt- und Warmwasser wieder funktionstüchtig zu machen und dem Gebäude noch rechtzeitig vor dem Winter eine funktionierende Heizungsanlage zu geben.
Könnten das die Klosterbauer übernehmen? Hatten sie Ähnliches nicht schon mal gemacht? Ja, bereits 2012 hatten sie in das neue "Haus der Stille" in Marx an der Wolga eine Heizung eingebaut. Eine Nachfrage bei Hermann Krümpelmann als bewährtem ‚Teamchef‘ führte zunächst zu zögerndem Stirnrunzeln. Zwei Heizkessel, knapp 40 Heizkörper, etliche Meter neue Leitungen verlegen und anderes mehr in nur zwei Wochen?
Die Frage "Werden wir das schaffen?" wurde letztlich mit einem klaren "Ja" beantwortet - nicht ohne vorher Alexander Penner, den Klosterbauer und Experten für solche Arbeiten, ausgiebig in die Planungen eingebunden zu haben. Zur Mitarbeit erklärten sich schließlich sieben Männer mit handwerklichem Geschick und Russlanderfahrungen bereit.
Aufgrund der vorab zur Verfügung gestellten Gebäudegrundrisse wurden Verlegepläne, Materiallisten usw. angefertigt und eng mit Pfarrer Michael abgestimmt. Natürlich war auch abzuklären, ob die erforderlichen Materialien in entsprechender Qualität wirklich vor Ort und zum richtigen Zeitpunkt verfügbar sein würden. Letztlich konnten auch diese Fragen mit einem klaren "Ja" beantwortet werden.
Gestartet wurde am Samstag, den 15. September, in Düsseldorf zum Flug über Moskau nach Rostow am Don. Dort nahmen uns Pfarrer Michael und ein Kirchenmitglied mit ihren Pkws in Empfang und fuhren uns am späten Abend zu unserem Ziel: Novotscherkassk.
Für uns sieben Klosterbauer standen im Pfarrhaus sechs Betten und eine Matratze zur Verfügung. Pfarrer Michael hatte für uns sein Zimmer und sein Bett geräumt - und schlief in der Zeit unserer Anwesenheit sehr spartanisch auf einer Luftmatratze in der Bibliothek! Es gab für uns viele weitere Zeichen ganz besonderer Gastfreundschaft. Hier sei das gute Essen erwähnt, die Freundlichkeit der Begegnungen, unsere Einbindung in die Gottesdienste und die in diesem Hause bestehende sehr wohltuende Atmosphäre.
Und was ist aus unserer Arbeit geworden? Hermann Krümpelmann schrieb am Tag vor unserer Abreise an Ottmar Steffan: "Hallo Ottmar, alles fertig, Heizung läuft, Wasser wird warm. Kirche: alle Leitungen am Sockel verkleidet, Löcher gespachtelt. Im Bad ist Installation fertig und Gipskarton angebracht. Alles besenrein."
Und genau so war es auch: Nachdem die Druckprüfung nur eine Leckstelle zu Tage förderte, waren alle Klosterbauer einigermaßen entspannt. Aber wann werden die Leute vom Amt zur offiziellen Abnahme kommen? Werden sie ihr OK und ihren Stempel geben? Anrufe des Pfarrers bei den entsprechenden Stellen endeten meist mit dem Hinweis ‚завтра‘ (saftra / morgen). Das Bangen blieb bis zum letzten Arbeitstag. Oh Wunder! Es kamen die Kontrolleure und prüften, dokumentierten - und gaben schließlich ihr OK. Erleichterung pur! Eine wahre Punktlandung war vollbracht!
Und unser Sonntags-Freizeitprogramm? Am Sonntag nach unserer Ankunft besuchten wir die Hl. Morgenmesse und sahen uns danach in der Nachbarschaft "unserer" Kirche um. Die wohl größte Sehenswürdigkeit dieser Stadt ist die Kathedrale der orthodoxen Christen. Mit ihrer außergewöhnlichen Größe ist sie nach der Erlöser-kathedrale in Moskau und der Isaakskathedrale in Sankt Petersburg die drittgrößte Kirche Russlands und fasst etwa 5.000 Gläubige. Sie hat uns sehr beeindruckt.
Für den 2. Sonntag hatte Pfarrer Michael für uns einen Ausflug in das ca. 35 km entfernte Rostow geplant. Rostow ist eine moderne Stadt mit etwa 1 Mio. Einwohnern. Sie ist stark durch den sehr mächtigen Don mit seinen Uferstränden geprägt. Es gibt große Grünanlagen, die Uferpromenade mit Kinderspielplätzen und viel Raum zum Verweilen. Ebenfalls prägend: Die für die Fußball-WM in diesem Jahr neu erbaute Rostow-Arena, eingebunden in großflächige Parkanlagen.
Und wie funktionierte die Kommunikation? Weil es bei uns Klosterbauern dieses Mal niemanden mit Russisch-Kenntnissen gab, waren wir sicher, dass ein Dolmetscher erforderlich sei, das Sprachproblem zu lösen. Es gab den Dolmetscher auch: Fazil, ein junger Student der vis à vis der Kirche gelegenen Universität. Doch ganz schnell wurde klar: Wir benötigen ihn nicht wirklich. Dank Übersetzungshilfen via Smartphone waren sogar flüssige Unterhaltungen (fast) problemlos möglich.
Sehr gerne möchte ich noch einmal auf die angenehme Atmosphäre in Pfarrhaus und Kirche zurückkommen: Die vielen Begegnungen, die wir hier hatten. Das Teilhaben an der tiefen Gläubigkeit der Kirchenmitglieder. Die Offenheit und Freundlichkeit, mit der man uns begegnete. Das Weitergeben von Erfahrungen. Vielleicht ist es das, was uns Ehrenamtliche so viel Freude macht und bei der Stange hält...
von Friedhelm Lange