Die Arbeit der Kinderzentren
Mit dem Zerfall der Sowjetunion in den 1990er Jahren entstand nicht nur eine politische und wirtschaftliche Instabilität, sondern auch eine große soziale Unsicherheit. Infolge von Arbeitsplatzverlusten sowie dem Wegfall gewohnter Strukturen nahm die Alkohol- und Drogenabhängigkeit in Russland stark zu. Kinder waren häufiger auf sich allein gestellt, weil ihre Eltern keine Hilfe leisten konnten. Zu dieser Zeit begannen unter anderem Ordensschwestern, mit Kindern von der Straße zu arbeiten: Sie versammelten die Kinder gemeinsam, gaben ihnen Essen und boten Aktivitäten in der Freizeit an. Diese Arbeit war für viele Kinder notwendig, jedoch bei weitem nicht ausreichend. Die Kinder waren weiterhin viel auf der Straße, ungeschützt und auf sich allein gestellt.
Die Arbeit der Caritas beginnt
"Im Jahr 2005 luden wir alle, die mit Straßenkindern arbeiten wollten, ein, sich in einem gemeinsamen Programm zusammenzuschließen, um eine Strategie zu entwickeln und Erfahrungen auszutauschen", erklärt Svetlana Kusminych. Zu dieser Zeit gab es keine geschulten Fachkräfte, die den Umgang mit sozial schwachen Kindern erlernt hatten. Die Caritas machte es sich damals zur Aufgabe, diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst aus- und fortzubilden, um geeignetes Personal zu stellen.
Förderung der Entwicklung von Kindern
Bei diesen Treffen wurde ein Konzept erarbeitet, um die Entwicklung der Kinder zu fördern und die Lösung ihrer Probleme möglichst ganzheitlich zu ermöglichen. Dabei wird auf physischer, psychischer, sozialer und auch spiritueller Ebene gearbeitet, um den Kindern gerecht zu werden. Viele Kinder kommen aus Familien, in denen Elternteile alkoholabhängig sind oder unter psychischen Störungen leiden. Viele Väter sind selten zuhause, weil sie sehr lange oder weit weg arbeiten müssen, manche sind im Gefängnis. Es kommt auch vor, dass der Partner der Mutter sehr häufig wechselt, sodass Kinder versuchen, immer wieder eine neue Beziehung aufzubauen, dann aber wegen der gescheiterten Beziehung zwischen Mutter und Partner immer wieder aufs Neue zurückgeworfen werden. Diese Kinder sind in der Regel keine festen sozialen Bindungen gewöhnt und können auch nicht diszipliniert und strukturiert Aufgaben erledigen. "Fehlende Motivation, mangelndes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, Schwierigkeiten in der Familie - all das macht es den Kindern zunächst schwer, in die Workshops einzusteigen und bis zum Ende zu bleiben", berichtet Schwester Miriam aus Nischnij Tagil.
Die Kidsclubs in Novosibirsk stehen vor einer weiteren neuen Herausforderung: In Novosibirsk sind in den letzten Jahren viele Kinder mit Migrationshintergrund angekommen. Aus Kirgistan, Turkmenistan, Usbekistan suchen immer wieder Menschen ihr Glück in Russlands drittgrößter Stadt.
Sie hoffen auf einen guten Arbeitsplatz und eine bessere Zukunft für ihre Kinder. Weil diese Familien oft kaum Russisch sprechen, fällt die Integration in Schule, Kindergarten und Beruf schwer. Hinzu kommt, dass viele Familien nur unvollständige Ausweise besitzen. So werden die Kinder nur selten von staatlichen Kindergärten aufgenommen. Die Caritas Novosibirsk hat es deshalb nun auch zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit gemacht, diesen Menschen bei der Integration zu helfen. Die Kidsclubs der Caritas bieten in Novosibirsk extra Sprach- und Nachhilfeunterricht in der russischen Sprache an, um es den Kindern leichter zu machen.
Grundstrukturen sind in allen Kidsclubs gleich
In allen Kinderzentren - russlandweit sind es rund 20 Zentren - gibt es geregelte Tagesabläufe, um den
Kindern eine Alltagsstruktur und Verlässlichkeit mitzugeben. Dabei ist die Altersstruktur der Kinder von 5-16 Jahren eine große Herausforderung. "Manchmal ist es für die Pädagoginnen und Pädagogen schwierig, die Arbeit mit Kindern unterschiedlichen Alters zu organisieren. Wir müssen uns Aktionen und Aktivitäten ausdenken, die für Kinder aller Altersgruppen interessant sind. Oft arbeiten wir daher in Gruppen", erzählt Tatjana, die Leiterin des Kidsclubs in Barnaul. Für die jüngeren Kinder gibt es etwa Bastelaufgaben, die älteren helfen beim Kochen oder arbeiten an Projektthemen, die sie vorher gemeinsam ausgewählt haben. Hausaufgaben machen die Kinder ebenfalls größtenteils im Kidsclub. Auch dabei helfen die Pädagoginnen und Pädagogen oder ältere Kinder.. Immer wieder machen die Kidsclubs Ausflüge in Museen, Parks oder zu Veranstaltungen. Im Winter gibt es oft eine nahegelegene Möglichkeit, Schlittschuh zu laufen oder Schlitten zu fahren.