Endlich mal wieder…
Das beschreibt wohl am besten die 'Gemütslage' aller Beteiligten: des Bistums St. Clemens (Südrussland), von Kirche und Caritas in Marx an der Wolga und vieler 'Klosterbauer' des Caritasverbandes Osnabrück. Schließlich währte die der Pandemie geschuldete Arbeitsunterbrechung drei Jahre! Ganz ungewohnt für uns ehrenamtliche Handwerker, waren wir bisher jährlich mindestens einmal im Arbeitseinsatz.
In der Diözese von Bischof Clemens Pickel gibt es immer reichliche Herausforderungen. Schließlich müssen Kirchengebäude, soziale Einrichtungen, Pfarrhäuser usw. gut Instand gehalten werden. Dass die ehrenamtlichen 'Klosterbauer' so etwas können, haben sie immer wieder unter Beweis gestellt. Doch es herrscht, erstmals nach über 70 Jahren, Krieg in Europa! Das machte viele Fragen: sollte man gleichwohl nach Russland reisen? Wäre ein Aufenthalt dort vielleicht mit unzumutbaren Risiken verbunden? Oder auch ganz praktisch: wie kommt man überhaupt nach Marx an der Wolga und wieder zurück? Zu solchen und ähnlichen Fragen gab es eine Menge Klärungsbedarf. Nicht nur organisatorischer Art für das Team von Ottmar Steffan, natürlich auch in den Familien der Klosterbauer. Nachdem sieben Klosterbauer 'grünes Licht' gaben, konnten alle erleichtert aufatmen: große Freude, im März geht's nach Marx an die Wolga!
Da Direktflüge zwischen Deutschland und Russland aufgrund bestehender Sanktionen unmöglich geworden waren, erwies sich ein Flug von Düsseldorf in die finnische Hauptstadt Helsinki als beste Variante. Von dort Weiterfahrt über Nacht mit dem Kleinbus. Natalia, die Direktorin der Caritas St. Petersburg hatte ihn freundlicherweise von St. Petersburg aus organisiert. Auf etwa der Hälfte der rd. 350 km langen Strecke befindet sich die russische Grenze. Während die dortigen Grenzer jeden Winkel unseres Kleinbusses intensiv inspizierten, war die Passkontrolle für vier Klosterbauer schnell erledigt. Sie durften zurück in den auf vereistem Parkplatz wartenden Kleinbus. Für die übrigen drei stieg die Spannung, denn sie mussten aus unbekannten Gründen knapp 1 1/2 Stunden auf die Rückgabe ihres Passes warten. Erfreuliches Ergebnis: die Einreise ist für alle erlaubt. Geschafft!
Die 'Klosterbauer' Hermann Hinrichs, Alexander Penner, Viktor Strack, Friedhelm Lange, Friedel Janzen, Hermann Krümpelmann und Viktor Sartorius. Hier mit Natalia Pevzova (Direktorin der Caritas St. Petersburg, Mitte) sowie den Doubles von Zarin Katharina II, Zar Nikolaus II sowie Zarin Elisabeth. Ihre Hoheiten bereiteten uns Männern einen vergnüglichen Empfang, Bützchen inklusive. Im Hintergrund die Eremitage.Caritas
Natalia war es auch, die uns in St. Petersburg am frühen Morgen eine kurze Schlafpause und danach eine kleine aber feine Stadtbesichtigung ermöglichte. So konnten wir vor dem Start unseres Fliegers in Richtung Saratow noch tolle Eindrücke mitnehmen von den Highlights dieser außergewöhnlich schönen Stadt: dem Newski-Prospekt, der Erlöserkirche, der Isaak-Kathedrale, der Eremitage usw.
Unser Ziel, das Städtchen Marx an der Wolga, hat rd. 32.000 Einwohner und liegt etwa 850 km südöstlich von Moskau. Bis 1920 hieß es Katharinenstadt und war einige Jahre Verwaltungssitz im seinerzeitigen Autonomiegebiet der Wolgadeutschen. Ein Nachbarort von Marx heißt Engels. Gleich zwei Städte mit Namen großer Deutscher ist wohl einmalig. In Engels gibt es seit 2011 ein Denkmal zur Erinnerung an die Deportation der Deutschen im Jahr 1941. Eine Stippvisite auf dem Weg zu Bischof Pickel führte uns auch dorthin.
Den 'Klosterbauern' ist Marx recht gut bekannt, denn sie waren hier in der Kath. Kirche, dem Gemeindehaus, dem Kloster der Eucharistieschwestern und dem Matulaitishaus schon mehrfach im Einsatz. Das von Bischof Clemens Pickel und Pfarrer Bosco Marschner entwickelte Arbeitsprogramm war recht umfassend und vielseitig - es hatte sich viel aufgestaut. Neben einer bunten Mischung handwerklicher sogenannter 'Kleinigkeiten' waren wichtigste Aufgaben die Neuinstallation von Kalt- und Warmwasserleitungen, stark überfällige Reparaturen und Wartungen der Heizungsanlagen, Deckenverkleidungen (Leichtbau) sowie Fußbodenarbeiten.
In diesem vor einigen Jahren erstellten Gebäude nahe dem Kirchengelände befinden sich im Parterre
Klosterbauer erledigen dringend notwendige Arbeiten in den Wohnungen
zwei Kleinwohnungen, die seit Jahren für die Unterbringung und Pflege hilfebedürftiger alter Menschen vorgesehen sind. Gerade diese sind oft sehr arm und leben in sehr schlechten Verhältnissen. Hilfe wird dringend benötigt. Es gibt leider noch immer sehr viel sichtbares Leid…
Wie immer, verlief unser Arbeitsaufenthalt in Marx wie im Fluge. Wir hatten viel Freude an der Arbeit. Und sicher lag es auch an der guten Stimmung und der großen Gastfreundschaft, die uns durch die Schwestern, Pfarrer Bosco und nicht zuletzt Bischof Pickel persönlich gewährt wurde.
Für die Rückreise benötigten wir viele Verkehrsmittel (Bulli, 3 x Flugzeuge, Stadtbus, Überlandbus, Zug) und lange rd. 40 Stunden. Einige von uns waren vorab durchaus skeptisch: würde der Grenzübertritt von Russland nach Finnland ohne große Probleme gelingen? Er stand nämlich genau an dem Tag an, an dem Finnland seinen Eintritt in die NATO ganz offiziell feierte. Die Skepsis war aber völlig unberechtigt, denn es verlief zu unserer großen Freude alles bestens.
So kamen wir alle mit vielen positiven Eindrücken und Erlebnissen nach Hause. Wohlbehalten - und sehr zufrieden. Wir sind überaus zuversichtlich, dass dieses gemeinsame Schaffen Bedürftigen das Leben lebenswerter machen wird. Danke dafür, dass wir ‚Klosterbauer‘ daran mitwirken konnten…