Die zauberhafte Welt von „Narnia“
Hier finden sie Schutz und Geborgenheit: die Kinder des Kinderzentrums zusammen mit Schwester Maximiliana.Bild: Christine Kaier
Dreimal in der Woche bin ich hier, um zu helfen. Kaum bin ich über die Schwelle getreten, werde ich auch schon euphorisch begrüßt.
Die Kinder quasseln alle wild durcheinander. Manche erzählen von ihren Wochenenderlebnissen, die Mädchen wollen, dass ich ihnen die Haare flechte und einige Kinder sprechen mir stolz ihre neu erlernten Worte vor. Denn viele der Kinder sprechen fast kein Russisch. Ihre Familien sind erst vor kurzem aus Ländern Zentralasiens nach Russland gekommen - in der Hoffnung, hier bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen zu finden. Sie leben oft in ärmlichsten Verhältnissen, oft fehlt es an Strom und fließend Wasser. "Wenn die Kinder das erste Mal zu uns kommen, verstehen sie oft kein einziges Wort Russisch. Deshalb werden sie auch weder im Kindergarten, noch in der Schule angenommen", erklärt Schwester Maximiliana, die das Kinderhaus leitet. Doch dank der Russischlehrerin im Kinderzentrum lernen die Kinder schnell die neue Sprache.
Aus der Küche hört man eine Mädchenstimme rufen: "Hände waschen und dann Mittagessen!" Bevor sich alle Kinder hungrig auf das Essen stürzen, wird ein Tischgebet gesungen. Heute gibt es Nudeln mit Basilikum-Pesto - für die Kinder ein besonderes Essen, das sie nur bei Schwester Maximiliana mit frischem Basilikum aus dem Garten bekommen. Oft ist das Essen im Kinderzentrum die einzige vernünftige Mahlzeit am Tag für die Kinder.
"So, wer wäscht denn heute ab?" Das ist die gefürchtete Frage, die Katja nach dem Essen immer stellt. Katja arbeitet im Kinderzentrum und ist unter anderem für den Kochkurs zusammen mit den Kindern verantwortlich.
"Viele Familien leben an der Grenze zum Existenzminimum. Oft werden die Kinder zu Hause mit Gewalt und starkem Alkoholkonsum konfrontiert. Viele Eltern sind mit der Erziehung überfordert", erzählt Schwester Maximiliana. Das Kinderzentrum versucht, mit seiner liebevollen und heimeligen Atmosphäre den Kindern ein Gefühl der Geborgenheit zu geben.
Um fünf Uhr gibt es nochmal eine kleine Zwischenmahlzeit und Tee für die Kinder, bevor es ans Aufräumen geht. Damit endet auch mein Arbeitstag im Kinderzentrum Narnia. Auf meinem Weg zur Straßenbahn merke ich, wie viel Kraft mich dieser Tag wieder gekostet hat: Die Kinder in "Narnia" benötigen nämlich die doppelte Aufmerksamkeit. Aber das Schöne ist: Was man doppelt gibt, bekommt man hier auch doppelt zurück.
von Christine Kaier, die zurzeit als Freiwillige in Novosibirsk lebt und arbeitet
Zum Hintergrund
Am 16. November 2013 erstrahlten zum siebten Mal "Eine Million Sterne" - als Zeichen der Hoffnung für Menschen in Not in Deutschland und weltweit. In diesem Jahr kommen die Spendeneinnahmen aus der bundesweiten Aktion von Caritas international den Kinderzentren in Südrussland und Westsibirien zugute. Über 1000 Euro Spendengelder kamen allein bei der Aktion in Osnabrück zusammen.