Bedingt durch die Coronakrise waren auch Spielhallen, Casinos und andere Glücksspielstandorte in Niedersachsen zweieinhalb Monate geschlossen. Diese Zwangsabstinenz bot für viele von Spielsucht Betroffene offenbar eine Chance zur Pause vom Konsum. Mandala Clavée von der Fachambulanz für Suchtprävention und Rehabilitation des Caritasverbandes für den Landkreis Emsland betont: "Viele Betroffene empfanden die erzwungene Pause als sehr entlastend. Das Wissen, nicht wie gewohnt spielen zu können, hat den Spieldruck gemindert."
Zeit der Prüfung
Alleine in Niedersachsen weisen nach Zahlen der Niedersächsischen Landesstelle für Suchtfragen (NLS) rund 22.000 Menschen ein problematisches Glücksspielverhalten und etwa 19.000 Menschen eine Glücksspielsucht auf. 82 Prozent aller Ratsuchenden in niedersächsischen Beratungsstellen für Glücksspielsucht kamen im Jahr 2019 aufgrund einer Automatenspielsucht. Gerade für diese Klientel waren die coronabedingten Schließungen von Glücksspielstandorten eine Zeit der Prüfung - die viele offenbar gut gemeistert haben.
Auch in der Fachambulanz Sucht der Caritas im Emsland bekamen die Beratungskräfte viele positive Rückmeldungen von Betroffenen nach dem Motto: "Ich wäre schon längst wieder rückfällig geworden, hätten die Spielhallen geöffnet." Mandala Clavée sagt: "Die dadurch frei gewordene Zeit war für viele ein doppelter Gewinn: sowohl mit Blick auf die Lebensqualität als auch finanziell." Der Stress habe deutlich nachgelassen, da die Gedanken nicht mehr ständig um die Geldbeschaffung und nächste Spielgelegenheiten kreisen mussten.
Versuchung wächst wieder
Außerdem hat die Fachfrau beobachtet: "Die fehlenden Spielmöglichkeiten wurden in den meisten Fällen nicht durch ein Ausweichen auf illegale Online-Glücksspielangebote kompensiert." Diese Erfahrungen widerlegen die Vorhersagen und Befürchtungen der Automatenindustrie, welche auf dieser Grundlage gefordert hatten, Glücksspielstandorte schnellstmöglich wieder zu öffnen.
Für die Berater*innen in der Caritas-Fachambulanz gilt es nach der Wiederöffnung der Spielhallen und Casinos, die Betroffenen weiterhin gut zu begleiten, wenn die Versuchung durch das zugängliche Angebot nun möglicherweise wieder wächst. "Dabei hilft zusätzlich die Möglichkeit, sich als Spieler sperren zu lassen", sagt Clavée. "In Niedersachsen ist dies aber nur standortbezogen in einzelnen Spielhallen möglich und nicht übergreifend für das ganze Land."