Vollbeschäftigung um jeden Preis?
Das Soziale Forum Emsland ist ein Kreis von Vertretern der Kirchen, Gewerkschaften, von Wohlfahrtsverbänden und sozialen Organisationen im Emsland.
Das Soziale Forum beschäftigt sich mit sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen in der Region und setzt sich für Benachteiligte ein. Mit Vertretern aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft wird der Dialog zu Fragen der Sozial- und Armutspolitik gesucht.
Als Sprecher des Sozialen Forum wies Dieter Zapf darauf hin, dass auch hier im Emsland trotz niedriger Arbeitslosenquote unsere Region stark von prekären Beschäftigungsverhältnissen betroffen sei.
Martin Gerenkamp, 1. Kreisrat und Vertreter des Landrates, verwies auf die Leistungen des Landkreises, der durch eine aktive Wirtschaftspolitik und eine individuelle Betreuung Arbeitsloser eine hohen Beschäftigungsquote und eine niedrige Arbeitslosenrate erzielen konnte. Nach seiner Auffassung kann trotz 25.000 geringfügiger Beschäftigungen nicht generell von "prekären Beschäftigungsverhältnissen" gesprochen werden.
Prälat Peter Kossen vom Bischöflichen Offizialat Vechta und zugleich Vorsitzender des Caritasverbandes, betonte in seinem geistlichen Impuls die Verantwortung der Kirche, sich auf die Seite der Kleinen und Schwachen zu stellen. Denn "eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts". Er führte weiter aus, dass "dieser Dienst bedeutet, denen zu helfen, die unter die Räder geraten sind, und, wenn nötig, dem Rad selbst in die Speichen zu fallen."
Karl-Josef Laumann war zu Gast beim Sozial Forum.
Staatssekretär Karl-Josef Laumann, zugleich Bundesvorsitzender der Christlich Sozialen Arbeitnehmerschaft (CDA) dankte Prälat Kossen für seine offene Kritik an den Missständen in der Fleischindustrie in der Oldenburger Region. "Viele haben davon gewusst und weggeschaut." Der Sozialpolitiker ist davon überzeugt, dass die soziale Marktwirtschaft noch funktioniere und gerade in Familienunternehmen Arbeitnehmer als Menschen noch geschätzt werden. Karl-Josef Laumann verteidigte den gesetzlichen Mindestlohn und forderte einen familiengerechten Arbeitsmarkt.
In der anschließenden Podiumsdiskussion waren sich die Teilnehmer einig, dass der Mindestlohn eingeführt werden müsse, wenn auch Ute Collmann, Unternehmerin aus Syke, einschränkend anmerkte, dass man die Erfahrungen abwarten müsse.
Samtgemeindebürgermeister Günter Wigbers berichtete von der Position der Gemeinde zu Werkverträgen und wies auf regelmäßige Kontrollen in den Schlachthöfen hin. Auch Wolfgang Jägers von der Gewerkschaft Bauen/Agrar/Umwelt machte deutlich, dass mehr Kontrollen bei Leiharbeit und Werkverträgen notwendig seien. Prälat Peter Kossen hob die Aufgabe der Kirche hervor, "eine Öffentlichkeit für Probleme herzustellen". Martin Gerenkamp erklärte, dass die Zeitarbeit im Emsland im Bereich des Maschinenbaus und der Tierproduktion unter 3 Prozent und damit unter den Werten der Nachbarkreise liege.
In den Workshops am Nachmittag sprachen die Teilnehmer über mögliche Lösungen, prekäre Arbeitsverhältnisse zu vermeiden. In der Arbeitsgruppe "Mindestlohn" wurde vorgeschlagen, dass besonders kirchliche und öffentlich-rechtliche, soziale und gewerkschaftliche Arbeitgeber ihre Mitarbeiter tariflich bezahlen und auf geringfügige Beschäftigungsverhältnisse verzichten und somit mit gutem Beispiel vorangehen sollten. Bei Ausschreibungen sollte auf die Tariftreue der Unternehmen geachtet werden. Mindestlöhne würden insgesamt die Sozialsysteme entlasten und die "Würde" der Arbeitnehmer stärken, nicht unter Wert bezahlt zu werden.
Im Workshop "Zeitarbeit" wurde die zeitliche Begrenzung von Leiharbeit gefordert. Zeitarbeiter dürften keine "Menschen zweiter Klasse" sein sondern auch für sie müsse der Grundsatz gelten "gleicher Lohn für gleiche Arbeit".
In der Arbeitsgruppe Sonntagsschutz/flexible Arbeitszeiten wurde vorgeschlagen, dass Volks- und Heimatfeste nicht zwingend mit einem verkaufsoffenen Sonntag verbunden werden müssen. Andererseits sollten auch die Kirchen Ideen zu einer alternativen Sonntagsgestaltung entwickeln. Der Gesetzgeber sollte außerdem die Ladenöffnungszeiten einheitlich begrenzen.
Im Workshop "Werkverträge" wurde besonders an die betroffenen unterbezahlten Arbeitnehmer gedacht. Für diese müssten Verbesserungen vor Ort erreicht werden. In diesem Zusammenhang sollte eine neue Willkommenskultur entwickelt werden. Missbrauch von Werkverträgen bei Vermittlern und Firmen müsste stärker kontrolliert und sanktioniert werden.
Dem Sozialen Forum gehören an:
- Katholische Kirche im Emsland
- Evangelisch-lutherischer Kirchkreis Emsland- Bentheim
- Caritasverband Emsland
- Diakonisches Werk Emsland-Bentheim
- DGB Osnabrück-Emsland
- IG Bau/Agrar/Umwelt Osnabrück-Emsland
- Katholische Arbeitnehmer Bewegung Emsland-Grafschaft Bentheim
- KFD Emsland
- Kolping Bildungshaus Salzbergen
- Lingener Tafel e. V.
- Ludwig Windthorst Haus
- SKM Lingen e. V.
Text: Dieter Zapf (SKM Lingen)