Zuhausebleiben ist das Gebot der Stunde. Politiker und Wissenschaftler fordern die Menschen auf, soweit es geht, das Haus nicht zu verlassen und soziale Kontakte möglichst zu meiden, um die Ausbreitung des Coronavirus zu unterbinden. Das bedeutet zum einen, sich in vielen Bereichen wie dem Beruf oder der Kinderbetreuung neu zu organisieren. Zum anderen führt es dazu, dass Paare und Familien viel Zeit miteinander im Haus verbringen müssen. Bei so viel Nähe können Konflikte entstehen. Doch was fällt noch unter normale Gereiztheit, und wo beginnt schon psychische oder gar körperliche Gewalt?
Gabriele Middendorf und Birgitt Ridder-Stockamp sind Sozialarbeiterinnen beim Caritasverband Emsland und beraten in Papenburg Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind. "In Partnerschaften, in denen ohnehin schon latent eine Atmosphäre der Gewalt vorherrscht, wird diese durch die räumliche Enge während der Coronakrise noch verstärkt. Das ist eine besondere Herausforderung, auch für uns als Beratungsstelle", meint Middendorf.
Aber nicht nur die Enge, die Ausgangsbeschränkungen verursacht, entstehen im Haushalt verschärft Konflikte. Hinzu kämen nun Unsicherheiten, die die Coronakrise mit sich bringt: Drohen möglicherweise Einkommensverlust, Kurzarbeit oder gar der komplette Verlust des Arbeitsplatzes? "Der Druck solcher Sorgen kann sich in Gewalt entladen", wissen die beiden Sozialpädagoginnen aus Erfahrung.
Frauen, die Gewalt erfahren, erkennen oftmals nicht, wo die Grenze zwischen normalen Ehestreitigkeiten und gewalttätigen Übergriffen verläuft. Denn nicht nur offensichtliche körperliche Angriffe seien eine nicht hinnehmbare Verhaltensweise des Partners. Auch psychische Übergriffe wie Demütigung und Erniedrigung, unerwünschtes ständiges Verlangen des Partners nach Sex oder eine vom Mann forcierte Isolation der Frau können das Selbstbewusstsein der betroffenen Person auf Dauer stark schädigen. Zu dieser Form von unsichtbarer Gewalt zählen auch die einseitige Kontrolle des Haushaltsgeldes oder das Schlechtmachen von Familie und Freunden der Frau. "Diese Frauen haben am Ende oftmals einen Tunnelblick und sehen keinen Ausweg aus ihrer Situation. Wir zeigen in unserer Beratung Auswege auf", erläutert Ridder-Stockamp.
"Ist bei den Frauen der Punkt erreicht, an dem sie ihre häusliche Situation nicht mehr hinnehmen wollen und den Mut finden, etwas zu ändern, sind wir für sie da", führt sie weiter aus. Deshalb ist es der Caritas wichtig, dass das kostenlose Beratungsangebot bekannt ist. Obwohl die Türen der Beratungsstellen derzeit geschlossen bleiben müssen, sind die Beraterinnen für Hilfesuchende da. "Wir sind weiterhin telefonisch oder per E-Mail erreichbar. Wenn sich jemand bei uns meldet, der Rat braucht, finden wir individuelle Lösungen, wie wir miteinander sprechen können", versichert Middendorf.
Auch die Frauenhäuser und BISS-Beratungsstellen des Sozialdienstes katholischer Frauen (SKF) in Lingen und Meppen, die für Frauen Zufluchtsort sind, verrichten während der Coronakrise nach wie vor ihre Arbeit und nehmen Opfer von Gewalt und ihre Kinder auf. "Unser oberstes Gebot ist immer die Sicherheit der Frau", unterstreicht Ridder-Stockamp und ergänzt: "Wir unterliegen der Schweigepflicht!"
Die Beratungsstelle des Caritasverbands Emsland in Papenburg hat derzeit telefonische Sprechstunde montags bis freitags von 8.30 Uhr bis 12 Uhr sowie dienstags und mittwochs zusätzlich von 14 bis 16.30 Uhr. Sie befindet sich in der Kirchstraße 16 und ist erreichbar unter Telefon 04961-9441-0 (Zentrale) bzw. 9441-41 oder 9441-12. Per E-Mail sind die beiden Sozialarbeiterinnen unter gmiddendorf@caritas-os.de sowie bridder-stockamp@caritas-os.de ansprechbar.
Die Frauenschutzhäuser in Trägerschaft des SKF sind in Lingen unter 0591 - 4129 und in Meppen unter 05931-7737 rund um die Uhr zu erreichen.
Die Biss-Beratungsstellen in Lingen sind unter 0591 - 4129 und in Meppen unter 05931 9841-0 zu erreichen. Weitere Informationen und Kontaktdaten: www.skf-lingen.de und www.skf-meppen.de.
Aktuelles / März 2020
Sicherheit der Frau ist oberstes Gebot
Erschienen am:
27.03.2020
Herausgeber:
Caritasverband für den Landkreis Emsland
Kuhstraße 42
49716 Meppen
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