Anlässlich des Weltflüchtlingstags am 20. Juni mahnt die Caritas mit Blick auf die große Verunsicherung und die Sorgen in weiten Teilen der Gesellschaft an, nicht die Nöte geflüchteter Menschen weltweit zu vergessen. Aktuell befinden sich 70,8 Millionen Menschen auf der Flucht. Bei den meisten Geflüchteten handelt es sich um Binnenvertriebene oder Menschen, die in einem direktem Nachbarland Schutz gefunden haben. Dabei handelt es sich um Aufnahmeländer, deren ökonomische Situation sehr prekär ist. Hierzu zählen Länder wie Kolumbien, DR. Kongo, Äthiopien oder Somalia.
Die Zahl der Menschen, die nach Europa fliehen, ist durch die Abschottung der EU-Außengrenzen stark zurückgegangen. Dem gegenüber stehen weltweit immer mehr Krisenherde. "Die Welt ist nach wie vor in Unruhe, nur die Abschottungsmechanismen greifen verstärkt. Es führt dazu, dass eine große Anzahl Geflüchteter auf der Flucht in Transitländern stranden. Die Bedingungen in libyschen Flüchtlingslagern sind menschenunwürdig und katastrophal. Inhaftierung, Folterungen, sexuelle Nötigungen und weitere Menschenrechtsverletzungen sind an der Tagesordnung", betont Margret Pues, Referentin für Flüchtlingshilfe beim Caritasverband für die Diözese Osnabrück.
In der aktuellen Pandemiekrise ist die Situation der Geflüchteten aus dem öffentlichen Fokus geraten. "Wir fordern die Bundesregierung auf, die zum 1. Juli 2020 beginnende EU-Ratspräsidentschaft positiv zu nutzen und insbesondere entsprechende grundlegende Weichen zu erarbeiten, die ein gerechtes, gemeinsames europäisches Asylsystem möglich machen", hebt Pues hervor.
Dazu zählen folgende Eckpunkte:
- Keine Auslagerung des Flüchtlingsschutzes auf Drittstaaten
Darunter versteht die Caritas, dass der Zugang Geflüchteter nach Europa sichergestellt ist und eine gerechte Verteilung und ein faires Asylverfahren erfolgen müssen. Es kann nicht sein, dass sich Europa aus seiner Verantwortung gegenüber der Welt verabschiedet.
- Keine inhaltliche Vorprüfung des Asylbegehrens an den Außengrenzen oder in einem EU-Hotspot
Die entscheidende inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens ist im entsprechenden Aufnahmeland durchzuführen. Auch wenn die Aufnahmebedingungen nicht überall gleich sind, müssen die universell geltenden Menschenrechte gewahrt werden.
- Fehler der Vergangenheit dürfen nicht wiederholt werden
Das Verhandeln um die Verteilung der an den Küsten Europas gestrandeten Menschen ist unwürdig. Hier zeigt sich das politische Versagen in ganzer Fülle, was Menschenleben kostet.
"Auch das Hin- und Herschieben von Menschen im Rahmen des Dublinsystems sorgt dafür, dass Menschen heimatlos bleiben und in ihrem Leben nie zur Ruhe kommen", weiß Caritas-Fachfrau Pues. "Wir spüren dies ganz konkret in unserer Asylverfahrensberatung in den Erstaufnahmeeinrichtungen in Bramsche und im Flüchtlingshaus Osnabrück. Die Ratsuchenden leiden unter der Ungewissheit und der ständigen Angst vor der Abschiebung in ein anderes EU-Land."
Weltweit muss es ein Umdenken in der Debatte geben. Die Potenziale der Menschen müssen erkannt und gefördert werden. Die Caritas Osnabrück gibt Geflüchteten im Projekt "Gemeinsam engagiert" die Möglichkeit zu bürgerschaftlichem Engagement. Dieses Projekt ist ein Beispiel von vielen für nachhaltige Partizipations- und Teilhabemöglichkeiten für geflüchtete Menschen. Es ermöglicht auch den beteiligten Organisationen einen Perspektivwechsel und fördert deren interkulturelle Öffnung.
"Auch in eigenen Krisenzeiten dürfen wir die Menschen nicht vergessen, die sich dauerhaft in Krisen befinden", fordert Margret Pues. "Hier ist Verantwortung gefragt! Denn es gilt: Die Würde des Menschen ist universell und unantastbar. Sie endet nicht an den EU-Außengrenzen."