„Trauma und Traumatisierung von Flüchtlingen“
Kennt sich mit seelischen Verwundungen aus: Psychotherapeutin Frauke Baller (ll.), hier im Gespräch mit Lernpatin Saskia Haverkamp.
Kindern Nachhilfe zu geben, das ist das eine, Kindern, die eine Fluchtgeschichte hinter sich haben Nachhilfe zu geben, kann etwas anderes sein: Das erleben auch die Profil-Lernpaten, wenn sie in Flüchtlingsfamilien kommen, um dort zu unterrichten. Um Hintergrundwissen zum Thema "Trauma" zu bekommen, fand nun eine Fortbildung für sie statt. "Trauma, Traumatisierung und wie gehe ich damit um?" – unter diesem Titel führte Frauke Baller, Psychologische Psychotherapeutin vom Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen e.V., die Lernpaten in das Thema ein, gab Einblicke in ihre eigenen Erfahrungen mit traumatisieren Menschen und beantwortete Fragen.
Nicht jeder Mensch, der Schreckliches erlebt, entwickelt ein Trauma
Kinder, die mit ihren Familien nach Deutschland geflohen sind, haben manchmal etwas mehr zu bewältigen, als "nur" ein neues Land, eine neue Sprache, eine neue Kultur und eine neue Schule. "Tatsache ist, dass Kinder und Jugendliche aus Flüchtlingsfamilien oft Schreckliches erleben mussten. Und manche entwickeln durch diese Erlebnisse ein Trauma", erklärte Frau Baller. Geht man auf die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Trauma ein, nämlich "Wunde", dann werde schnell klar, was es damit eigentlich auf sich hat: eine Wunde in der Seele, Verletzung von Vertrauen. Doch nicht jeder Mensch, der Schreckliches erlebt, entwickle ein Trauma: die individuelle Konstitution ist entscheidend. "Sind die persönlichen, familiären Umstände gefestigt, kann das verletzte Vertrauen auch zurückgewonnen werden", so Frau Baller.
Sensibilisierung hilft Lernpaten Situationen einzuschätzen
Wie aber können die Lernpaten erkennen, dass ihre Schüler etwas belastet? "Psychische Belastungen machen sich häufig auch durch körperliche Reaktionen bemerkbar, wie zum Beispiel plötzliche Unaufmerksamkeit, "Wegdriften" in eine andere Welt, wiederkehrende Erinnerungen und beängstigende Träume", erläuterte Baller. Situationen, die auch Profil-Lernpaten schon bei ihren Nachhilfeschülern bemerkt haben, im Unterricht oder im Gespräch. "Gerade dann ist es wichtig, dass es Menschen gibt, die für die Kinder da sind, ihre Ängste ernst nehmen und gegebenenfalls weiter Hilfeangebote veranlassen können."
Vertrauen zurückgewinnen
Deshalb seien die Lernpaten in zweifacher Hinsicht eine wichtige Stütze für die Kinder, so Baller. Sie helfen nicht nur beim Deutschlernen, sondern sind auch Vertrauensperson und geben den Kindern durch ihre Zuwendung ein Stück Selbstvertrauen (zurück). "In diesen oft schwierigen Situationen, kann es für Betroffenen eine enorme Hilfe sein, eine Bezugsperson auch außerhalb der Familie zu haben". Bemerken die Lernpaten etwas, so vermitteln die Projektleiter von ProFil II die betroffenen Personen an die entsprechenden Hilfsangeboten weiter, wie z.B. Kinderärzte, Kinderpsychologen, Ergotherapeuten oder eben auch NTFN. Damit sichergestellt wird, dass sie professionelle psychologische Hilfe bekommen.
"Die Qualifizierung der Lernpaten ist ein wichtiger und notwendiger Bestandteil unserer Arbeit im Projekt ProFil II", betont Nina Brin, pädagogische Mitarbeiterin, und fügt hinzu "die Eltern und Kinder sind sehr dankbar für diese Unterstützung".