In der Meller Beratungsstelle am Kohlbrink ist diese Vision schon Wirklichkeit: Die Caritas erprobt dort mit Unterstützung der Fachhochschule Bielefeld und der Universität Trier ein videogestütztes Angebot.Grafik: Fachhochschule Bielefeld
Wer Beratung braucht, geht in eine Beratungsstelle oder nutzt ein Onlineangebot. Doch was ist, wenn weder das eine noch das andere in Frage kommt? Etwa weil die wöchentliche Sprechstunde immer dann stattfindet, wenn die Kinder betreut werden müssen, oder es einem schwer fällt, die eigenen Gedanken in einer E-Mail oder einem Chat zu formulieren. Es gibt viele Gründe, warum bestehende Beratungsangebote gerade Menschen in ländlichen Regionen nicht erreichen.
Mit dem Projekt "STellaR" geht der Caritasverband für die Stadt und den Landkreis Osnabrück neue Wege der Beratung. Die Abkürzung steht für "Stationäre Telepräsenz im ländlichen Raum". In der Meller Beratungsstelle am Kohlbrink ist ein Raum so ausgestattet, dass Hilfesuchende dort per Video beraten werden können. Ein großer, hochauflösender Bildschirm und eine entsprechende Tontechnik sorgen dafür, dass der Eindruck entsteht, dem Berater tatsächlich gegenüber zu sitzen. "Der große Vorteil ist, dass ich Termine vergeben kann, obwohl ich nicht vor Ort in Melle bin", erklärt Mika Springwald vom Caritasverband Osnabrück. Bisher deckt er jeden Dienstagvormittag und Mittwochnachmittag in der Meller Beratungsstelle das Angebot der Allgemeinen Sozialen Beratung ab.
Seine verbleibende Arbeitszeit absolviert er in der Beratungsstelle in Osnabrück. "Nun kann ich Termine flexibler vergeben. Das ist gut für unsere Klienten und für uns. Ich muss beispielsweise nicht extra für einen Termin nach Melle fahren", erklärt Springwald die Vorzüge des Angebots.
Das Projekt hat die Fachhochschule Bielefeld in Kooperation mit der Universität Trier entwickelt. Aktuell befindet es sich in der Erprobungsphase. "In der jetzigen Form ist das Angebot noch nicht für alle Klienten geeignet. Bei vielen Beratungsgespräche geht es um Hilfe bei Anträgen, wie beim Bürgergeld, Wohngeld oder Kinderzuschlag. Solche Themen lassen sich besser im persönlichen Kontakt erarbeiten, da man gemeinsam das entsprechende Dokument vor sich liegen hat", berichtet Mika Springwald. Die Experten der Hochschulen arbeiten auch für diese Herausforderung an einer technischen Lösung. "Künftig soll die Videoberatung erweitert werden, so dass man auch gemeinsam auf Distanz mit den Dokumenten arbeiten kann", erklärt Philipp Waag, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fachhochschule Bielefeld.
In Melle haben bisher einzelne Beratungen mit dem neuen System stattgefunden. "Auch für uns als Berater ist das eine Umstellung und eine Herausforderung zu entscheiden, in welchem Fall dieses Angebot passend ist. Wir möchten in den kommenden Monaten weitere Erfahrungen sammeln", erzählt Mika Springwald.
Monika Schnellhammer, Geschäftsführerin des Caritasverbands für die Stadt und den Landkreis Osnabrück, betont: "Dieses Projekt ist eine Riesenchance, das Angebot im ländlichen Raum zu stärken und neue Möglichkeiten der Beratung zu erproben. Wir freuen uns, dabei zu sein, und danken den Hochschulen für die gute Begleitung."
Das Projekt "STellaR" wird im Programm "Forschung an Fachhochschulen" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung für vier Jahre gefördert. Die Projektergebnisse sollen mit Unterstützung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) e.V. sozialen Einrichtungen bundesweit vorgestellt und zugänglich gemacht werden.