Eine neue Sprache lernen, sich mit einer fremden Kultur vertraut machen und behördliche Auflagen erfüllen - Zugewanderte stehen vor großen Herausforderungen. Unter Coronabedingungen ist all das deutlich schwieriger geworden. "Die Pandemie bremst die Integration enorm aus", stellen Maren Wilmes von der Caritas und Gabi Gaschina von Outlaw fest. Sie koordinieren und begleiten mit ihrem Team die Flüchtlingssozialarbeit in der Stadt Osnabrück.
Corona verschärfe ohnehin bestehende Probleme und Ungleichheiten. Das zeige sich besonders deutlich im Bildungsbereich: Viele Familien haben keine passenden Endgeräte für das Homeschooling. Sie leben in beengten Wohnverhältnissen, in denen die Kinder keinen eigenen Arbeitsplatz haben. "Für die Eltern ist es schwieriger, ihre Kinder angemessen zu unterstützen, da sie nicht das notwendige Sprach- oder Bildungsniveau mitbringen", weiß Melanie Kröger, Mitarbeiterin der Flüchtlingssozialarbeit.
Auch die finanzielle Situation verschlechtere sich zunehmend. Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sind oftmals im Niedriglohnsektor tätig. Gerade dort brechen aktuell viele Jobs weg. "Der Verlust von Arbeitsmöglichkeiten bringt existenzielle Nöte und eine große psychische Belastung mit sich. Oftmals geht damit auch der Verlust von sozialen Kontakten einher", ergänzt Randa Menkhaus, Mitarbeiterin in der Flüchtlingssozialarbeit.
Hinzu kommt, dass seit Monaten keine Sprachkurse mehr stattfinden. Das hat weitreichende Folgen. "Der Kurs ist viel mehr als Sprachvermittlung. Hier findet soziales Miteinander statt: Die Teilnehmenden kommen raus aus ihrer eigenen Community und lernen andere Menschen kennen, die vor den gleichen Herausforderungen stehen, wie sie selber", betont Maren Wilmes. Durch die Kontaktbeschränkungen gibt es zudem weniger Möglichkeiten sich mit Muttersprachlern auszutauschen. "In Schulen und Kitas findet nur Notbetreuung statt, Sportangebote fallen aus. Es gibt viel weniger Begegnungen im Alltag, man bleibt mehr unter sich", bekräftigt Gabi Gaschina. All das wirke sich natürlich negativ auf den Integrationsprozess aus.
Ein weiteres großes Problem sind auch die erschwerten Zugänge zu wichtigen Anlaufstellen. Jobcenter und Ausländerbehörde sind nur nach vorheriger Terminvereinbarung erreichbar, Sprechzeiten fallen aus. "Das ist eine enorme Hürde für Hilfesuchende. Wir müssen diese Lücke oftmals füllen, der Unterstützungsbedarf ist viel höher als zuvor", berichtet Maren Wilmes.
Insgesamt bedeute die Pandemie einen großen Rückschlag für die Integration von Zugewanderten. "Integration entsteht im Miteinander, durch soziale Kontakte, Sport, Gruppenangebote. All das können wir nicht ersetzen. Es braucht deshalb heute und zukünftig mehr Unterstützung, um die erreichten Erfolge nicht leichtfertig zu verspielen", sind sich die Fachfrauen von Outlaw und Caritas einig.