Wie kommt es zu dem hohen Konsum?
Conrad Tönsing: Egal ob Schützenfeste, Karneval oder die Wiesn - Alkohol ist in der bundesweiten Festkultur fest verhaftet. Und auch privat gehört es zum Feiern und insgesamt zur Lebenskultur für viele Menschen einfach dazu, Alkohol zu trinken. Das gilt in hohem Maße auch für Sportveranstaltungen, etwa in Fußballstadien, mit all den bekannten, teils unschönen Auswirkungen. Man kann sagen: Alkohol zu trinken, ist in Deutschland normal. Das geht so weit, dass derjenige, der nicht trinkt, sich rechtfertigen muss.
Welche Folgen hat zu hoher Alkoholkonsum?
Bei Unfällen im Straßenverkehr und bei Gewalttaten spielt häufig Alkohol eine Rolle. Und natürlich sind da die gesundheitlichen Risiken: Alkohol ist ein Zellgift, das Krebsleiden und Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigt und das Schlaganfallrisiko erhöht, vor allem in Kombination mit Rauchen. Auch auf die soziale Situation wirkt sich exzessiver Alkoholkonsum meist aus, etwa im Familienleben, wo häusliche Gewalt häufig mit Trinken zusammenhängt, oder am Arbeitsplatz. Wenn Alkohol als "Problemlöser" für Schwierigkeiten im Leben herhalten muss, ist der Schritt in die Abhängigkeit nicht mehr weit.
Was ist ein gutes Maß?
Wenn ein gesunder, erwachsener Mensch in vertretbaren Mengen Alkohol trinkt, ist dagegen sicherlich nichts einzuwenden. Mit missbräuchlichem, exzessivem Alkoholkonsum ist nicht das abendliche Glas Wein gemeint. Als ein verträglicher Wert für einen Erwachsenen gelten 20g Alkohol pro Tag. Das sind ein Glas Wein oder 0,4 Liter Bier pro Tag bei zwei trinkfreien Tagen in der Woche. Viele Deutsche trinken aber deutlich mehr. Als Gesellschaft müssen wir sensibler dafür werden, dass Alkohol in großen Mengen in vielen Lebensbereichen eine zentrale Rolle spielt. Diese Entwicklung gilt es zu durchbrechen.
Was kann man tun, wenn man merkt, dass man zu viel trinkt?
In der Suchthilfe haben wir festgestellt, dass eine Kultur des Verbietens überhaupt nichts bringt - weder bei Jugendlichen, noch bei Erwachsenen. Deshalb setzen wir auf einen anderen Ansatz und haben ein Frühinterventionsprogramm entwickelt. SKOLL ist ein Selbstkontrolltraining für den verantwortungsbewussten Umgang mit Suchtstoffen und anderen Suchtphänomenen und gibt dem Betroffenen die Chance, sich selbst in seiner Konsumrolle zu überprüfen. Die Teilnehmenden lernen in zehn Sitzungen, sich selbst zu bewerten und zu beurteilen. Das geschieht unter fachlicher Begleitung und in der Gruppe, wo Raum für Austausch, aber nicht für Stigmatisierung ist. Danach kann der Klient selbst entscheiden, wo er steht. Wir stehen ihm dabei beratend zur Seite und bieten ein umfangreiches Hilfenetz für Prävention und Rehabilitation.
Ansprechpartner: Conrad Tönsing, Geschäftsbereichsleitung Suchtprävention und Rehabilitation, Caritasverband für die Diözese Osnabrück, Tel. 0541 34978 140, ctoensing@caritas-os.de