Beim Norddeutschen Suchttag in Visbek informierten (von links) Bärbel Lörcher-Straßburg (Landesdrogenbeauftragte Niedersachsen), Dr. Thomas W. Heinz (Geschäftsführer und Ärztlicher Direktor der Suchtfachkliniken), Melanie Philip (Geschäftsführerin Pflegepioniere GmbH), Conrad Tönsing (Geschäftsführer der Caritas-Reha und Teilhabe GmbH), Sarah Broich (DRV Oldenburg-Bremen), Frank Schulte-Derne (LWL Koordinationsstelle Sucht, Münster) sowie Hartmut Heinen (Erster Kreisrat Landkreis Vechta). Foto: Daniel Meier
Die Anforderungen an das Suchthilfesystem nehmen kontinuierlich zu. In der Suchtfachklinik St. Vitus trafen sich Experten aus dem norddeutschen Raum, um über innovative Entwicklungen und Zukunftsperspektiven zu sprechen.
Hartmut Heinen, Erster Kreisrat Landkreis Vechta, betonte in seiner Begrüßung, bei Suchterkrankungen sei es wichtig, nicht nur Betroffene, sondern auch Angehörige in den Blick zu nehmen. Gerade bei den neuen Süchten rund um Internet und Spiele seien es oft die Eltern, die mit ihren Kindern in die Beratungsstellen kämen. Heinen hob die erfolgreiche Kooperation des Landkreises mit den Suchtfachkliniken St. Marienstift und St. Vitus hervor. So könnten trotz Fachkräftemangels in den Kommunen immer wieder gemeinsam neue Wege beschritten werden.
Bärbel Lörcher-Straßburg, Landesdrogenbeauftragte Niedersachsen, sagte, Suchtkranke benötigten niedrigschwellige Anlaufstellen und eine Nahtlosversorgung. Eine anfangs wohnortnahe anonyme Beratung sei wichtig, denn die Stigmatisierung sei noch immer hoch. Auch sei es erforderlich, sich sehr spezifisch und individuell mit Suchtkranken zu befassen. In diesem Zusammenhang lobte die Landesdrogenbeauftragte die Angebote und die genderspezifische Ausrichtung der Suchtfachkliniken St. Marienstift und St. Vitus. Auch die besondere Behandlung traumatisierter Frauen sei hier zu nennen.
Die Landesdrogenbeauftragte ging auch auf nicht stoffbezogene Abhängigkeiten ein und rief dazu auf, hierauf mehr Augenmerk zu legen. Es bewege sich viel. Es gebe auch bei Handy-Spielen immer mehr sogenannte Glückspielelemente. Es sei schwierig, Grenzen für die Anbieter zu setzen. Das Land Niedersachsen habe ein Projekt an Suchtberatungsstellen zum Thema "exzessiver Medienkonsum" finanziert und einen Beratungsleitfaden erarbeitet. Damit wird qualifizierte Mediensuchtberatung für Betroffene, Kinder und Jugendliche sowie Angehörige unterstützt. Gerade Eltern hätten einen großen Wissensbedarf. Vernetzung sei sehr wichtig. Die Region Oldenburger Münsterland mache das bereits erfolgreich vor.
Dr. Thomas W. Heinz, Ärztlicher Direktor und Geschäftsführer der Suchtfachkliniken St. Marienstift und St. Vitus, hatte für die erfolgreiche Arbeit der Einrichtungen ein Beispiel parat. Er stellte eine 28-jährige Patientin vor, der nach einer langen Odyssee aufgrund einer falschen Diagnose in der Suchtfachklinik St. Vitus geholfen werden konnte und die nun ins Leben zurückgefunden hat. Das drückt sie durch ihre leidenschaftliche Malerei aus. Bilder von ihr sind erstmals jetzt in der Visbeker Klinik zu sehen. "Wir haben uns im Landkreis Vechta und im Oldenburger Münsterland eng vernetzt und nehmen unsere Verpflichtungen in den Landkreisen umfassend war", berichtete Dr. Heinz. Denn so könne eine nahtlose Versorgung zugunsten der Patienten ermöglicht werden. Er freue sich, dass seine Mitarbeiter für diese Pionierarbeit immer wieder von vielen Stellen gelobt würden.
Conrad Tönsing, Geschäftsführer der Caritas-Reha und Teilhabe GmbH, erläuterte, dass mit dem norddeutschen Suchttag die ambulante und stationäre Arbeit in Niedersachsen mehr zusammengebracht werden solle. Als Beispiel nannte er die Nahtlosversorgung, die sich sehr gut entwickelt habe. Wichtig sei es, Betroffenen den Zugang zur Suchthilfe so leicht wie möglich zu machen. Ein Problem sei, dass die Finanzierung durch die öffentliche Hand vielfach wackele. Daher müsse überall deutlich gemacht werden, dass die Suchthilfearbeit als Querschnittsaufgabe eine wichtige Funktion habe, da so familiäre Verelendung, Arbeitslosigkeit und prekäre Lebensverhältnisse verhindert würden. Deshalb helfe die Finanzierung der Suchthilfearbeit dabei, erhebliche Suchtfolgekosten zu verhindern.
In weiteren Beiträgen ging es um Multiprofessionalität in Beratung und Therapie (Frank Schulte-Derne, LWL Koordinationsstelle Sucht, Münster), Kooperation und Zusammenarbeit beim Nahtlosverfahren aus Sicht eines Leistungsträgers (Sarah Broich, DRV Oldenburg-Bremen) und Eingliederungshilfe - Teilhabe für Menschen mit Suchterkrankung (Madlen Seelhoff, Landes-Caritasverband für Oldenburg). Die bereits genannten Referenten stiegen anschließend in eine von Melanie Philip (Geschäftsführerin Pflegepioniere GmbH) geleitetet Podiumsdiskussion ein.
Der musikalische Ausklang kam von der Partyband Simply White.