Weder John Wayne noch Super-Daddy
Das Organisationsteam und die Hauptreferenten des Fachtags „Dann ist ein Mann ein Mann“ (v.l.): Josef Wessels (SKM-Diözesanvorsitzender), Markus Wellmann (LWH), Klaus Jacobs (SKM-Diözesanreferent), Dr. Christoph Hutter, Werner Oenning (Männerberater), Markus Theunert, Nils Freckmann (Männerberater), Stephan Buttgereit (Generalsekretär SKMBundesverband).
"Dann ist ein Mann ein Mann" - in Anlehnung an den bekannten Grönemeyer-Titel hatte der Katholische Verein für soziale Dienste (SKM) im Bistum Osnabrück am vergangenen Montag zu einem Fachtag in das Ludwig-Windthorst-Haus (LWH) nach Lingen eingeladen. Die Leitfrage: Was kann eine geschlechtsspezifische Jungen- und Männerarbeit in Erziehung, Beratung und Bildung leisten?
Ob als Partner oder Ehemann, als Vater, als Kumpel in der Clique, als derjenige, der "das Geld nach Hause bringt": Die Herausforderungen für Männer sind vielfältig und komplex. Männer bewegen sich heute zwischen traditionellen und neuen Rollenbildern, an die unterschiedliche Erwartungen geknüpft sind. "Der SKM möchte Angebote zur Auseinandersetzung mit der Geschlechterrolle machen und dafür eintreten, dass Männerthemen in den gesellschaftlichen Fokus gelangen", beschreibt Josef Wessels, SKMDiözesanvorsitzender, die Intention des Fachtags. Stephan Buttgereit, Generalsekretär im SKM-Bundesverband, ergänzt: "Geschlechtssensible soziale Arbeit ist nicht gegen das andere Geschlecht, sondern wertvoll für die gesamte Gesellschaft".
Dass dafür zunächst ein Bewusstseinswandel nötig ist, erläuterte Hauptreferent Markus Theunert den rund 120 Gästen im LWH. "Das Bild von John Wayne, dem starken Mann, war schon kaum erfüllbar. Heute soll ein Mann zusätzlich noch Super-Daddy sein. Das funktioniert erst Recht nicht", so Theunert, der seit 2015 das Schweizerische Institut für Männer- und Geschlechterfragen (SIMG) leitet. Dr. Christoph Hutter, Leiter der Ehe-, Familien- und Lebensberatung im Bistum Osnabrück, schlug in dieselbe Kerbe: "Männer werden heute zunehmend von Abstiegsängsten beschlichen - ihre ‚Verdienste‛ scheinen nicht mehr zu reichen. Diese Angst ist auch der Grund, warum sie sich modernen Rollenmodellen häufig verschließen", so Hutter.
In welchen Bereichen Männer anders "ticken", wurde an Thementischen eruiert. So beschäftigten sich die Teilnehmer, darunter rund ein Drittel Frauen, unter anderem mit den Themen "Männer und ihre Gesundheit", "Männer und Spiritualität" und "Wie Jungen zu Männern werden". Hier ging es auch um die zumeist weiblichen Bezugspersonen in Kindergarten und (Grund-)Schule. "Viele sehen darin ein Problem. Die These lautet, dass Jungen Nachteile gegenüber Mädchen haben, weil sie in jungen Jahren nahezu ausschließlich von Frauen erzogen und unterrichtet werden", so Markus Theunert. "Wissenschaftliche Belege für diese These gibt es aber nicht", so der Experte. Dennoch: An einer stärkeren Präsenz von Männern in pädagogischen Berufen wird gearbeitet. Anja Milewski, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Nordhorn, schilderte im abschließenden Podiumsgespräch ihre Strategien. "Zum Beispiel ermuntern wir in den entsprechenden Ausschreibungen ausdrücklich Männer, sich zu bewerben", so Milewski.
Einig waren sich Experten und Gäste darin, dass es bis zu einer wirklichen Geschlechtergerechtigkeit noch ein weiter Weg ist. "Geschlechtergerechtigkeit ist eine Kulturleistung, ein andauernder Prozess", brachte Moderatorin Melanie Wielens die Kernbotschaft auf den Punkt. Was die Männerseite angeht, sieht sich der SKM in seinen Vorhaben bestärkt: "Wir möchten Männer dafür sensibilisieren, dass sie ihre Anliegen zur Sprache bringen. Nur dann ist schließlich Dialog möglich", so SKM-Diözesanreferent Klaus Jacobs.