Alle waren sie da: Papst Benedikt XV., Kaiser Wilhelm II., Charlie Chaplin, Erich Maria Remarque und natürlich der Gründer des Osnabrücker Caritasverbandes, Bischof Wilhelm Berning. Zum 100. Geburtstag des Caritasverbandes für die Diözese Osnabrück e.V. gaben sich die illustren Zeitzeugen auf der Bühne des Osnabrücker Stadttheaters die Ehre - launig und hintersinnig inszeniert vom Münsteraner placebo-Theater.
placebo ließ die Atmosphäre von 100 Jahren Zeitgeschichte aufsteigen, vor der dann lebendige Zeitgenossen über die Bedeutung der Caritas, ihre Wurzeln und ihre Zukunft diskutierten. Mit dabei waren Bischof Dr. Franz-Josef Bode, der Präsident des Deutschen Caritasverbandes Dr. Peter Neher, der Präsident des niedersächsischen Landtags Bernd Busemann, die niedersächsischen Sozialministerin Cornelia Rundt, die Diözesan-Vorsitzende der Caritaskonferenzen Deutschlands im Bistum Osnabrück Christa Speer, die Leiterin des Caritas-Pflegedienstes Unterems Stefanie Freimuth-Hunfeld, die Praxisistudentin Elena Herbach, die Leiterin der Forschungsgruppe Informatik im Gesundheitswesen an der Hochschule Osnabrück, Prof. Dr. Ursula Hübner und die Spitze des Osnabrücker Caritasverbandes.
Auf der roten Couch bei der Caritas: Moderator Ludger Abeln befragt den Caritasratsvorsitzenden Diakon Dr. Gerrit Schulte, Bischof Dr. Franz-Josef Bode und den Präsidenten den Deutschen Caritasverbandes, Dr. Peter Neher (von links). Foto: Caritas/Uwe Lewandowski.
Bischof Bode hatte schon in der Predigt des Festgottesdienstes die Aufgabe der Caritas klar beschrieben: "Die Caritas legt da, wo Ungerechtigkeit geschieht, den Finger in die Wunde, und das seit 100 Jahren." Caritaspräsident Neher zitierte den Gründer des Deutschen Caritasverbandes: "‘Caritas ist Dampf in der sozialen Maschine.‘ Auch wenn das Bild heute nicht mehr ganz passt, muss die Caritas heute Dampf in der Flüchtlingssituation sein." Der Osnabrücker Caritasratsvorsitzende Diakon Dr. Gerrit Schulte mahnte angesichts wachsender rechtsradikaler Gewalt: "Es reicht nicht, vor dem Anfängen zu warnen. Wir sind heute über die Anfänge längst hinaus!"
Landtagspräsident Bernd Busemann unterstrich, dass er die Caritas als wichtigen Partner schätzt: "Wenn wir sie nicht hätten, würde unser Staat zusammenbrechen. Wir kommen als Staat billig davon, weil die Wohlfahrtsverbände viele Aufgaben übernehmen."
Was wird die Zukunft für die Caritas bringen? Prof. Dr. Ursula Hübner setzt auf einen mündigen Umgang mit Technik: "Die Technik ist nicht das Problem, sondern der Umgang der Menschen mit der Technik. Wir müssen diejenigen mitnehmen, die damit arbeiten."
Die Studentin Elena Herbach, die seit zwei Jahren ihrer Praxis-Einheiten in der Sucht-Fachambulanz der Caritas in Osnabrück absolviert, ist davon begeistert, wie modern ihre Arbeit ist: "Man wird von den Freunden manchmal komisch angeschaut, weil man im sozialen Bereich arbeitet, aber dann erzähle ich davon, dass wir zum Beispiel Beratungsstellen für Internetabhängigkeit haben. Da kann ich einiges vermitteln."
Die Sozialministerin Cornelia Rundt blickte insbesondere auf die Herausforderungen, für die Pflege. Hier sei die Caritas jedoch innovativ aufgestellt. Rund kritisierte deutlich das Diktat des Marktes: "Es war ein Grundfehler, den Sozialbereich wirtschaftlich zu betrachten und zu ökonomisieren."
Hier knüpft auch der Osnabrücker Caritasdirektor Franz Loth an: "Unsere Gesellschaft muss sich überlegen, unter welche Prinzipien sie diesen Bereich stellen will. Es geht um Vertrauen, nicht um Märkte!"
Trotz der ernsten Themen, die besprochen wurden, waren die Geburtstagsgäste in bester Laune, denn Moderator Ludger Abeln und die Schauspieler von placebo hielten sensibel und augenzwinkernd die Balance zwischen Nachdenklichkeit und Humor. Der Dank: Anhaltender Geburtstagsapplaus für die Caritas.
Die Dimensionen der Hilfe in Zahlen:
Der Caritasverband für die Diözese Osnabrück e.V. (DiCV) wurde am 23.Mai 1916 durch Bischof Wilhelm Berning gegründet. Der DiCV ist der katholische Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege für den niedersächsischen Bistumsteil (für Bremen übernimmt der Caritasverband Bremen e.V. diese Aufgabe).
Unter dem Dach des Caritasverbandes sind im Bistum Osnabrück zwischen Norderney und Glandorf ca. 700 soziale Einrichtungen organisiert. In eigener Trägerschaft führt der Diözesan-Caritasverband knapp 40 Einrichtungen, in denen ca. 2.300 Mitarbeitende beschäftigt sind.
In allen katholischen Sozial- Einrichtungen arbeiten ca. 23.600 Menschen; jährlich finden in den katholischen sozialen Einrichtungen ca. 510.000 Menschen Unterstützung, Begleitung und Hilfe.
Ca. 15.000 Ehrenamtliche sind in den Verbänden und Kirchengemeinden caritativ tätig.