Seit Anfang 2016 bietet Heinrich Weymann Führungen durch die Bäckerei an der Großen Straße an. Inklusive einer Kaffeetafel. Pro Teilnehmer bittet er um fünf Euro. Aber nicht für die eigene Tasche. Denn von Anfang an war für ihn und Sohn Henrik klar, dass sie die so eingenommen Gelder am Jahresende einem lokalen guten Zweck zuführen möchten. Rund 20 Gruppen mit durchschnittlich zehn bis 15 Personen führte der Seniorchef in 2016 durch das Geschäftsgebäude. "Den eingenommen Betrag haben wir dann auf 2000 Euro aufgerundet". Auf der Suche nach dem Empfänger sei man in einer gemütlichen Runde gekommen. "Wichtig ist unserer Familie, dass das Geld im Ort bleibt und den Twistringer Bürgern zu Gute kommt". Schnell sei man auf die Caritas gekommen. Geschäftsführerin Karin Bockhorst sowie ihre Mitarbeiterinnen Ulrike Büter und Britta Reinhard von der ambulanten Wohnungslosenhilfe freuten sich am Montagnachmittag über 1000 Euro, "die gut angelegt sind". Es würden in allen Bereichen, wie der Schwangerenberatung, Kur und Erholung und im Bereich Sucht Gelder benötigt. "Der Bedarf ist überall sehr groß". So wie bei den Obdachlosen, die immer jünger würden. "Unser Klientel hat sich in den letzten zehn Jahren total verändert", so Bockhorst. "Immer mehr junge Menschen landen auf der Straße", fügt Büter hinzu. Seit einem Jahr sei die Tendenz deutlich gestiegen und zur Zeit wären rund 50 Prozent der betreuten Menschen ohne festen Wohnsitz sehr jung. "Sogar 17jährige sind dabei, die von Freund zu Freund ziehen, damit sie ein Dach über dem Kopf haben", erläutert Reinhardt. "Sie sehen, die Not ist überall groß und das Geld hilft uns in vielen Bereichen", dankt Bockhorst.
Das Freiwilligen Forum Twistringen feiert in diesem Jahr sein 20jähriges Bestehen. Das FFT hat es sich zur Aufgabe gemacht, sich für andere Zeit zu nehmen, gemeinsam mit anderen sinnvolles tun, mit Fahrdiensten zu unterstützen und bei der Obdachlosenbetreuung mitzuwirken. Hier soll auch der Großteil der Spende hinfließen. "Die Lebensweise der Obdachlosen ist oft nicht selbst gewählt", so Waldtraud Schlake. "Trennung vom Partner, Arbeitslosigkeit, Suchterkrankung und Verschuldung seien häufige Gründe. Am Ende steht: "Keine Wohnung, keine Arbeit - keine Arbeit, keine Wohnung". Das FFT unterstützt die Stadt Twistringen als Träger der Übernachtungsstelle jährlich um 65 bis 85 Personen. "Auch hier ist die Tendenz steigend", fügt Hermann Brackmann hinzu. Das Alter sei zwischen 22 und 63 Jahren. "Und leider inzwischen auch jünger". Und es fehlt den Menschen an vielen alltäglichen Dingen. "Kleidung, Schuhe, Hygieneartikel oder auch mal eine Dose Hundefutter, dafür benötigen wir Spendengelder", erklärt Schlake. Oder wenn das Fahrrad repariert werden müsse. Morgens und abends schaut einer der Ehrenamtlichen vom FFT in der Übernachtungsstätte vorbei. Ist Ansprechpartner, hört sich oftmals die Sorgen und Nöte an, hilft, wenn er kann. "In manchen Fällen wird auch mal ein Arzt benötigt", wissen die acht Ehrenamtlichen aus Erfahrung. Mit Dr. Winter, dem "neuen" Hausarzt habe man nun einen Arzt gefunden, der sich den Obdachlosen bei Bedarf annimmt. "Vieles von dem Gesagten wusste ich gar nicht", so Heinrich Weymann. Er sieht die Spende sehr gut angelegt.
Text: Sabine Nölker
