Der Krieg in der Ukraine hat für Sabina Dzhafarova alles verändert. Hals über Kopf ist sie mit ihren beiden Kindern und ihrem Mann aus Kiew nach Deutschland geflohen. Im April 2022 kommt die vierköpfige Familie nach Twistringen. "Wir haben uns gefühlt wie blinde Welpen mit all der Bürokratie", erklärt Sabina Dzhafarova. "Im Rathaus hat man uns an die Caritas verwiesen. Hier hat man uns beim Ausfüllen der Anträge und Formulare geholfen. Und am wichtigsten: Der Kontakt zum Autismus-Therapiezentrum in Bassum wurde schnell hergestellt." Denn der Sohn der 34-Jährigen ist Autist und muss fachgerecht betreut werden.
Auch für Ghulam Sakhi Rahmani war sein normales Leben jäh beendet, als die Taliban in Afghanistan die Macht übernahmen. Für Rahmani, einer ehemaligen Ortskraft aus Afghanistan, ist die Migrationsberatung des Caritasverbandes für die Landkreise Diepholz und Nienburg links der Weser ein Segen. Zusammen mit seiner schwangeren Frau kam das Ehepaar Anfang März 2022 in die Stadt Twistringen. "Von der Kommune bekamen wir die Wohnung zugewiesen. Dann haben wir uns an die Caritas gewandt, um Unterstützung bei Anträgen zu erhalten. Die Caritas hat auch Termine für die ärztliche Betreuung meiner schwangeren Frau organisiert," so Rahmani. Jetzt steht für den inzwischen frisch gebackenen Vater erst einmal ein Integrationskurs an. Sein Ziel ist es, dass er sein Studium der Elektrik, was er durch die überstürzte Flucht abbrechen musste, hier in Deutschland fortsetzen kann.
"Damit Menschen wie Sabina Dzhafarova und Ghulam Sakhi Rahmani überhaupt in Deutschland zurechtkommen können, sind zahlreiche Hilfestellungen notwendig. Die Migrationsberatung unterstützt beim ersten Ankommen in der Stadt, klärt den Aufenthaltstitel und unterstützt bei Leistungsanträgen. Die Vermittlung in Integrationskurse und Spracherwerbskurse sind an die Leistungen gekoppelt. Auch hier werden wir tätig," erläutert Fanja Rasolonjanahary ihr Aufgabengebiet als Migrationsberaterin beim Caritasverband.
Damit in den Beratungsstellen weiterhin tatkräftig gearbeitet werden kann, ist finanzielle Unterstützung vom Bund notwendig. Doch die Mittel stehen nun auf der Kippe und sollen drastisch gekürzt werden. Darauf macht der Aktionstag Migrationsberatung aufmerksam, der am 14. September zum achten Mal von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege ausgerufen wird - auch die Caritas ist Mitglied dieses Bündnisses. "Im Bundestag wird derzeit wieder über die Kürzung der Mittel debattiert. Eine Kürzung hätte direkte Auswirkungen auf den Stellenumfang. Eine Stellenreduzierung würde bedeuten, dass dem Beratungsbedarf nicht ausreichend nachgekommen werden kann. Der Beratungsbedarf für geflüchtete Menschen aus der Ukraine, Syrien und anderen Ländern ist aber weiterhin sehr hoch", erklärt Jörg Busse, Geschäftsführer des Caritasverbandes für die Landkreise Nienburg und Diepholz links der Weser. Derzeit werden in Twistringen 85 Ratsuchende betreut, davon sind 46 Frauen und 39 Männer. Die meisten von ihnen kommen aus der Ukraine, aus Syrien und Bulgarien. Mit einer Beratung ist es aber nicht getan: Im Schnitt besuchen die Ratsuchenden die Beratungsstelle drei Mal.
Hintergrund
In der Migrationsberatung werden erwachsene Zuwander*innen ab 27 Jahren mit guter Bleibeperspektive begleitet und unterstützt zu den Themen:
- Sicherung des Lebensunterhaltes und der Durchsetzung berechtigter Ansprüche
- Integrationskurse und Spracherwerb
- Bildung, Arbeitsansprüche und Praktikum
- Behörden (Sozialamt, Jobcenter, BAMF, Ausländerbehörde)
- Fragen zu Gesundheit, Ehe, Familie und Erziehung mit entsprechender Verweisberatung
- Freizeitangebote und Kontaktmöglichkeiten