Zum ersten Mal findet in Osnabrück das alljährliche Symposium der Bundesarbeitsgemeinschaft "Phase F" statt. In Talkrunden und praxisnahen Workshops geht es vom 26.-27. August um die individuelle Lebensqualität von Menschen im Wachkoma und mit anderen neurologisch bedingten Bewusstseinsstörungen.
Die deutschlandweite Tagung unter dem Titel "Wenn ich bestimmen könnte…?" wird in diesem Jahr von der St. Elisabeth-Pflege ausgerichtet. "Die aktuelle Diskussion zur Sterbehilfe hat zu einer regen Auseinandersetzung und Betroffenheit in den Einrichtungen geführt", sagt Geschäftsführer Franz Paul zum Hintergrund der bundesweiten Veranstaltung. Man habe Sorge, dass es bei Ausweitung der Sterbehilfe zu einer "Geldbeutel-Euthanasie" kommen könnte. "Wir werden mit dem Symposium auch ein deutliches Plädoyer für ein Lebensende an der Hand eines Menschen und nicht durch einen Menschen aussprechen", kündigte Paul an. Man stehe theoretisch und praktisch für Leben bis zum Schluss ein.
Unterstützt wird Paul in diesem Bekenntnis beispielsweise von den Bewohnern der "Jungen Pflege" im Paulusheim. Dort pflegt man derzeit 43 Menschen zwischen 20 und 60 Jahren mit schweren und schwersten neurologischen Verletzungen. "Auch ein Leben wie meins, ist lebenswert", sagt ein Mann, der vor mehreren Jahren einen Hirnschlag erlitt. Menschen, die sagen, "so möchte ich nicht leben", findet er feige.
Die Bundestagung beginnt am 26. August mit einer Talkrunde. Zu Gast sind der Chefarzt und stellvertretende Vorsitzende der Ethikkommission der Universität Osnabrück Winfried Hardinghaus, Generalvikar Theo Paul und der Wissenschaftler Andreas Zieger von der Universität Oldenburg. Zieger wird dabei auch über ethische Aspekte zur derzeitigen "Sterbehilfe" für Menschen im Wachkoma sprechen.
Weiterhin werden praxisnahe Workshops die zweitägige Veranstaltung bestimmen. In ihnen geht es beispielsweise um schaumbasiertes Smoothfood, lebensrettende Maßnahmen sowie ressourcenorientierten Therapieformen der Menschen mit erworbenen neurologischen Erkrankungen.
So ist auch ein Workshop den Angehörigen gewidmet. "Die praxisnahe Ausrichtung des Symposiums richtet sich nicht nur an ein Fachpublikum. Jeder Interessierte ist zur Tagung willkommen", sagt Einrichtungsleiter Franz Paul.
Die "Junge Pflege" in Osnabrück ist eine von 130 deutschlandweiten Fachpflegeeinrichtungen, die rund 2700 Menschen mit schweren und schwersten neurologischen Veränderungen begleitet. Deutschlandweit hat man sich in der Bundesarbeitsgemeinschaft und in Landesarbeitsgemeinschaften "Phase F" vernetzt. Mit der "Phase F" ist eine Pflegesituation beschrieben, die eine aktivierende Rehabilitation zum Ziele hat.