Lingen/Osnabrück, 23.02.05. „Was können wir tun, wenn Mutter nicht mehr essen möchte?“ Immer wieder stellt sich diese Frage, wenn pflegebedürftige Menschen in Altenheimen oder zu Hause die Nahrungsaufnahme verweigern. Über 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus diesen Einrichtungen haben sich zum Thema: „Der Mensch ist, was er isst – Essen und Trinken in der Altenhilfe“ im Ludwig-Windhorst-Haus in Lingen getroffen. Mitveranstalter war der Caritasverband für die Diözese Osnabrück e.V.
In Vorträgen wiesen die Experten darauf hin, dass die Pflegebedürftigen, gerade wenn sie hoch betagt sind, vielfach die Essens- und Trinkmengen nicht in ausreichender Form aufnehmen würden. Ursache dafür sind krankheitsbedingte, aber auch persönliche Gründe. Durch Krankheiten, wie z.B. Schlaganfall, sind häufig die Betroffenen nicht mehr in der Lage, problemlos zu schlucken. Andererseits kommt es durch Appetitlosigkeit, Verwirrtheit und in einigen Fällen auch durch Nahrungsverweigerung gerade bei den hoch Betagten immer wieder zu Ernährungsmangelerscheinungen. Frau Dr. Reis (Oecotrophologin) und die Pflegeexpertin Heike Vedder machten gerade diesen Zusammenhang in ihren Referaten deutlich. In diesen Fällen kann eine Magensonde helfen. Diese wird nicht über die Nase, sondern über die Bauchdecke gelegt und fixiert. Es handelt sich dabei um eine sehr schonende Möglichkeit, Nahrung in flüssiger Form aufzunehmen oder zuzuführen. Dieses Verfahren hat sich in den letzten 20 Jahren durchgesetzt.
Chefarzt Dr. Rainer Markgraf verwies ebenso wie der Jurist Roland Kopp darauf, dass den gesetzlichen Betreuern, die häufig die Verantwortung für die Pflegebedürftigen übernehmen, eine besondere und wichtige Rolle zukommt. Diese aber auch die Angehörigen stehen immer wieder vor schwierigen Fragen, wenn sie stellvertretend für ihre Anvertrauten entscheiden müssen, was bei Nahungsverweigerung zu tun ist. Unsere Rechtsprechung stellt dabei immer die mutmaßliche Willensäußerung des Betroffenen voraus. Aus diesem Grunde ist eine Festlegung in einer vorher ausgefüllte Vorsorgevollmacht oder Christliche Patientenverfügung hilfreich. In ihr sollte genau beschrieben werden, was in konkreten lebensbedrohlichen Situationen erfolgen soll oder nicht durchgeführt werden darf.
Die ethische problematische Dimension, die sich dabei auftut, wurde im Vortrag von Dipl.-Theologe Stefan Kliesch deutlich. Auf der einen Seite steht das Selbstbestimmungsrecht des Pflegebedürftigen, auf der anderen Seite die Tatsache, ohne Nahrung nicht leben zu können. Mit dem ethischen Dilemma sind dann die Angehörige, gesetzlichen Betreuer, Pflegende in Einrichtungen und Ärzte befasst. Gerade Angehörige, die häufig unvermittelt vor der Frage stehen, was zu tun ist, entwickeln Schuldgefühle, wenn es zur Entscheidung kommt, eine Magensonde nicht (mehr) zu legen: „Ich kann doch meine Mutter nicht verhungern lassen!“ Hier benötigen die Angehörigen Hilfe, die sie vom qualifizierten Pflegepersonal in den katholischen Einrichtungen auch erhalten.
In der anschließenden Podiumsdiskussion standen die ethischen Fragen im Mittelpunkt. Deutlich wurde hier, dass es keine Patentrezepte für die schwierigen Fragestellungen gibt. Die große Zahl der Teilnehmer zeigt, dass in den Altenhilfeeinrichtungen ein großer Bedarf an Information und Hilfestellung besteht.