Osnabrück.
Mütter,
die Sozialhilfe empfangen, sind verunsichert, ob sie noch eine Mutter- oder
Mutter-Kind-Kur beantragen können und die fälligen Zuzahlungen leisten können.
Der Caritasverband macht deshalb darauf aufmerksam, dass diese Kurmaßnahmen
auch für Sozialhilfeempfängerinnen und für Geringverdienende noch immer möglich
sind. Gleichzeitig fordert Kunigunde
Dallmöller
, Referentin
des Caritasverbandes für die Diözese Osnabrück e.V. im Fachbereich Familien,
Kuren und Erholung, dass die Zuzahlung für Sozialhilfeempfänger und
Geringverdiener grundsätzlich aufgehoben werden muss.
Seit Anfang des
Jahres müssen auch Sozialhilfeempfängerinnen eine Zuzahlung leisten, wenn sie
eine Mütter-Kur oder eine Mutter-Kind-Kur absolvieren. Die seit Januar geltende
Gesundheitsreform sieht pro Tag einer dreiwöchigen Kur eine Zuzahlung von 10
EUR vor, die zu Beginn gezahlt werden muss – es werden also 220 EUR fällig. Da
Sozialhilfeempfänger allerdings nicht mehr als 71,04 EUR pro Jahr als
Eigenleistung erbringen müssen, erhalten die betroffenen Frauen später das
zuviel gezahlte Geld von ihrer Krankenkasse zurück.
Kunigunde
Dallmöller
schätzt diese Veränderung als erhebliche
Verschlechterung ein: „Wir erleben in unseren Beratungsstellen eine hohe
Verunsicherung bei den Müttern. Wenn jemand Sozialhilfe erhält, ist es für ihn
unmöglich, 220 Euro vorzustrecken. Selbst 71,04 Euro sind für
Sozialhilfeempfänger nicht zu bewältigen, wenn sie auf einen Schlag gezahlt
werden müssen.“ Laut Frau
Dallmöller
und ihren
Kolleginnen in den Beratungsstellen sind die Beratungszahlen seit Anfang des
Jahres zwar nicht rückläufig, der Beratungsaufwand ist jedoch erheblich
gestiegen.
Caritas-Kurberaterin
Gisela Bonhaus macht nachdrücklich auf die fatalen Folgen aufmerksam, die die
veränderten Zuzahlungsregelungen haben können: „Gerade in Familien, die nur
sehr wenig Geld zur Verfügung haben, ist der psychische Druck der Frauen sehr
hoch. Wir können mit unserer
Beratungserfahrung
bestätigen, was viele wissenschaftliche Untersuchungen belegen: Armut und Krankheit
gehen Hand in Hand.“
Werden Mütter
krank, so Frau Bonhaus, entwickelt sich oft ein Teufelskreis: „Mütter, die in
der Regel die Last des Haushaltes und der Kinderversorgung tragen, können
keinen Urlaub nehmen. Werden sie krank, bleibt Arbeit liegen, der psychische
Druck steigt, Erkrankungen werden oft nicht auskuriert, die Atmosphäre in der
Familie wird schlechter, die Belastungsgrenze der Frauen sinken weiter usw.“
Deshalb, so die Beraterin, ist es wichtig, frühzeitig diese Spirale zu
durchbrechen.
Eine Mütter-Kur
ist ein sehr wirkungsvoller Weg, Kraft zu sammeln und die Gesundheit einer
Mutter langfristig zu stabilisieren. Aus diesem Grund finanzieren auch die
Krankenkassen eine Kur
- fachlich genau:
eine Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme – in voller Höhe, abgesehen von der
gesetzlichen Zuzahlung. „Wenn hier nun Verunsicherungen für Frauen mit geringem
Einkommen entstehen, wäre das ein fatales Zeichen“, betont Gisela Bonhaus.
Kunigunde
Dallmöller
unterstreicht deshalb, dass auch für Familien
mit finanziell schwieriger Situation eine Kur weiterhin möglich ist. „Bislang
haben wir immer einen Weg gefunden, dass auch Sozialhilfeempfängerinnen eine bewilligte
Kur antreten konnten.“ Unter anderem können im Härtefall auch Gelder zur
Überbrückung eingesetzt werden, die bei der Sammlung des Müttergenesungswerkes
gespendet wurden. Die Caritasreferentin betont, dass eine sehr gute Zusammenarbeit
mit einigen Krankenkassen dazu beiträgt, Lösungen auch dann zu finden, wenn
eine Mutter nicht in der Lage ist, die Zuzahlung sofort zu leisten.
Die Fachreferentin
fordert jedoch, dass die Zuzahlung zu medizinischen Leistungen für
Sozialhilfeempfänger und Geringverdiener wieder aufgehoben werden muss – „sonst
werden viele von ihnen weniger für ihre Gesundheit tun. Armut und Krankheit
dürfen kein Doppelschicksal sein!“
Im vergangenen
Jahr wurden in den 14 Beratungsstellen der Caritas im Bistum Osnabrück 2841
Frauen beraten. Von den 1265 Müttern, die in eine Kur vermittelt wurden, waren
319 von einer Zuzahlung befreit, weil ihr Einkommen zu gering war.