Samba für eine gerechtere Welt
Ungewohnte Klänge hörten am Dienstagmorgen die Schüler und Lehrer der Oberschule am Schloss in Sögel: Mit rhythmischem Trommeln zog "Poesia Samba Soul" in die Aula ein, eine der erfolgreichsten brasilianischen Samba-Bands. Einen Tag gastierten die sieben Musiker aus Sao Paolo in Sögel, brachten mit ihren mitreißenden Liedern südamerikanisches Flair in die Schule und vermittelten den Schülern, welch hohes Ziel sie mit ihrer Musik erreichen wollen: die Welt zu verbessern.
Bei dem Musikprojekt, das der Caritasverband für den Landkreis Emsland der Schule am Schloss ermöglicht hatte, lauschten die Sögeler Schüler gespannt dem Lebensbericht von Bandleiter Claudio Miranda. Aufgewachsen sind er und seine Bandmitglieder in der Favela (Armenviertel von Sao Paolo), das damals als gefährlichster und brutalster Slum der Welt galt. Miranda wollte der trostlosen Umgebung etwas Positives entgegensetzen und gründete 1989 im Alter von neun Jahren die erste Sambaband der Favela - buchstäblich aus dem Nichts, denn anfangs machten sie Musik auf Blechdosen, die sie aus dem Müll sammelten. Heute sind sie eine der gefragtesten Sambabands der Metropole. Und nicht nur das: Mitten im Ghetto ist die "Favela da Paz", also ein Slum des Friedens, entstanden. Dessen Herzstück ist Claudo Mirandas Tonstudio: eine stetig wachsende Musik-, Film- und Medienschule, die einzige für Slumbewohner zugängliche und rund um die Uhr laufende Tonstudio inklusive Friedensforschungszentrum. Seine Mission hat Erfolg: Er und seine Band haben in den letzten 25 Jahren sehr dazu beigetragen, die Kriminalität einzudämmen, indem sie mit ihrer Musik mehrere Hundert junge Leute von der Straße holten. Der Samba von "Poesia Samba Soul" hat also die Welt tatsächlich ein bisschen besser gemacht.
Ihre musikalische Friedensmission brachte die Sambaband auch nach Sögel: In Erzählrunden schilderten sie ihre Erfahrungen von Armut und Rassismus in der multikulturellen Metropole Brasiliens und beantworteten die Fragen der Schüler. Die Sögeler Jugendlichen probierten in Workshops die brasilianischen Instrumente aus, musizierten gemeinsam mit den weit gereisten Gästen.
Schulleiterin Maria Lau freute sich über die mitreißende Musik an ihrer Schule und die vielen begeisterten Schülergesichter. Der Besuch der Sambamusiker passe perfekt zum bundesweiten Projekt "Schule gegen Rassismus - Schule mit Courage", an dem sich die Schule am Schloss beteiligt. Die Musik helfe Barrieren zwischen Menschen zu überwinden, die in verschiedenen Welten leben - verschiedene Welten gebe es in abgeschwächter Form auch an ihrer Schule: Von 555 Schülern hat fast ein Drittel einen Migrationshintergrund und muss sich in die deutsche Sprache und Kultur eingewöhnen. Maria Lau: "Schwierige Startbedingungen in der Gesellschaft müssen kein Grund sein, von vorneherein aufzugeben und auf die schiefe Bahn zu geraten. Dafür sind die Musiker aus Brasilien ein tolles Vorbild."
Aufgeben kommt für "Poesia Samba Soul" nicht in Frage. Auch wenn es für sie immer wieder Rückschläge gibt. Ein großer Rückschlag für die Favela war die Fußball-Weltmeisterschaft 2014. Denn hierfür gab die Regierung so viel Geld aus, dass es gereicht hätte, die gesamte Armut im Land einzudämmen, sagte Miranda. Stattdessen habe sie teure Fußballstadien an teilweise völlig unsinnigen Orten errichten lassen. Ein Stadion sei beispielsweise im Amazonasgebiet gebaut worden, wo kaum Menschen leben. "Da spielen jetzt höchstens noch die Affen Fußball", beklagte Miranda. Er weiß, es gibt auch weiterhin viel zu tun, in Brasilien und auch anderswo. Deshalb spielen er und seine Mitstreiter immer und überall weiter Samba - so wie diese Woche in Sögel, einer der vielen Stationen ihrer derzeitigen Europatour. Noch bis zum 27. Oktober gastiert "Poesia Samba Soul" im Raum Osnabrück, unterstützt vom Caritasverband der Diözese Osnabrück im Rahmen der Caritas-Jahreskampagne "Weit weg ist näher, als Du denkst". Es gibt noch freie Termine für Konzerte und Workshops. Interessierte Schulen, Vereine und Verbände können die Band kurzfristig buchen. Ihre Kontaktperson in Deutschland ist Tabea Mangelsdorf, Telefon 0173-9165790.
Ihre Ansprechpartnerin für weitere Informationen:
Carmen Kröger, Fachbereichsleiterin Jugendsozialarbeit und Schule des Caritasverbandes Emsland, Telefon Tel. 0591-80062-21, E-Mail: ckroeger@caritas-os.de