Eine Reform der Ausbildung zum Beruf der Erzieherin hat der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil am Donnerstag, 17. Januar, angekündigt. Es könne nicht sein, dass jemand eine vierjährige Ausbildung absolviere und erst nach deren Ende Geld verdiene, sagte er beim Jahresempfang der niedersächsischen Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Hannover.
Dabei dürfe es keine Absenkung von Niveau und Qualität geben, stellte der Landesvater vor rund 120 Vertretern aus Politik, Wohlfahrtsverbänden und der Sozialwirtschaft klar. Turnusgemäß übernahm der Osnabrücker Caritasdirektor Franz Loth zum Jahresbeginn den Vorsitz von seinem Vorgänger Dr. Ralf Selbach (Deutsches Rotes Kreuz).
Eine "Über-Ökonomisierung des Systems" kritisierte Weil im Bereich der Pflege, "die eine immer größere Baustelle wird". Es komme darauf an, "das Berufsbild wesentlich attraktiver zu machen." Pflegekräfte äußerten ihm gegenüber an erster Stelle nicht die Forderung nach mehr Geld, sondern die nach weniger Druck im Berufsalltag. Dabei sei klar, so Weil, "dass soziale Arbeit mehr kosten wird in Deutschland". Das System "durch immer weitere betriebswirtschaftliche Findigkeit zu optimieren", führe nur tiefer in eine Sackgasse hinein.
Weiterhin dankte der Ministerpräsident allen Ehrenamtlichen im Bundesland, die sich nach wie vor um die Integration zugewanderter Menschen bemühten. Dass Männer und Frauen sich für diese Aufgabe nach einem "gesellschaftlichen Klimasturz" heute rechtfertigen müssen, könne nicht sein, empörte sich der SPD-Politiker. "Bitte grüßen sie alle in ihren Verbänden, die dies tun. Sie leisten einen Dienst an der ganzen Gesellschaft."
Einen eindringlichen Appell richtete der niedersächsische Ministerpräsident an alle Mitarbeitenden im sozialen Bereich, bei den Wahlen am 26. Mai "ein klares Signal für Europa zu setzen". Weil: "Wir brauchen den Schutz des europäischen Gedankens."
Pflege, bezahlbarer Wohnraum sowie die Armutsfrage hat der neue Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, Franz Loth, als die sozialen Herausforderungen beschrieben, die künftig in Niedersachsen gelöst werden müssten.
Loth: "Ein starker Sozialstaat ist eine gute Basis für eine funktionierende Demokratie." Soziale Arbeit sei dabei "ganz gewiss eine politische Aufgabe und auch ein Akt des Widerstands", machte Loth klar. Der Osnabrücker Caritasdirektor forderte Zeit für die Kernaufgaben der Wohlfahrtsverbände. Schließlich hätten es die 230 000 Mitarbeitenden in den 6 000 niedersächsischen Einrichtungen mit Menschen zu tun. "Da darf es nicht nur um Zählen, Messen und Wiegen gehen."