"Wir fordern eine neue europäische Flüchtlingspolitik, denn die Dublin-Abkommen sind gescheitert. Dass der griechische Verteidigungsminister das Schicksal von Flüchtlingen instrumentalisieren kann und Deutschland damit drohen will, macht dies auf krasse Weise klar," kritisiert der Vorsitzende des Caritasverbandes für die Diözese Osnabrück, Diakon Dr. Gerrit Schulte, mit deutlichen Worten die europäischen Regeln im Umgang mit Flüchtlingen. Am Sonntag hatte der Grieche Panos Kammenos gedroht, illegal eingereisten Einwanderern Papiere auszuhändigen und sie nach Deutschland zu schicken.
Schulte weiter: "Die Europäische Union muss sicherstellen, dass es sichere Fluchtwege nach Europa gibt." Unterstützung erhielt der Caritas-Vorsitzende auf der Migrationsfachtagung Nord-Ost von Stefan Keßler vom Jesuitenflüchtlingsdienst aus Brüssel: "Wir benötigen eine umfassende Seenotrettung und dazu ein Regelwerk, das es Flüchtlingen erlaubt, legal nach Europa zu kommen statt Leib und Leben in die Hände von Schleppern zu geben." Kessler denkt dabei an einen Katalog von Maßnahmen: "zum Beispiel humanitäre Visa, eine Erleichterung des Familiennachzugs oder eine zeitliche Aussetzung des Visumszwangs für verschiedene Gruppen."
Anlässlich der 25. Migrationsfachtagung Nord-Ost, die in diesem Jahr in Bremen tagt, formulierte die Caritas Anforderungen an eine Flüchtlings-und Migrationspolitik, die über den Tag hinaus denkt. Der Migrationsreferent des Diözesancaritasverbandes Osnabrück, Ludger Haukap, unterstreicht: "Wanderungsbewegungen und Flucht werden uns langfristig begleiten. Wir erleben nicht bloß eine Momentaufnahme in einer krisenreichen Zeit. Deshalb muss man das Thema weiter denken."
Britta Ratsch-Menke vom Bremer Verein "Zuflucht - Ökumenische Ausländerarbeit e.V." äußerte sich kritisch zur Entwicklung des Kirchenasyls: "Bei Asylanträgen werden oftmals die humanitären Aspekte nicht ausreichend geprüft. In diesen Fällen ist dann Kirchenasyl unabdingbar, wenn sonst die Abschiebung droht." Frau Ratsch-Menke betonte, dass es für ein Kirchenasyl handfeste Gründe brauche: "Das macht keine Gemeinde gerne oder mal eben so."
Diakon Gerrit Schulte ergänzt: "Wenn es auf übergeordneter Ebene Einzelfallprüfungen durch zentrale Ansprechpartner geben soll, wird damit das Kirchenasyl nicht überflüssig, sondern ausgehebelt." Das Kirchenasyl lebe aus der Kirchengemeinde vor Ort, die in persönlichem menschlichen Kontakt zu den Flüchtlingen stehe und ihre Notlage teile. Zentrale Prüfungen nach Aktenlage seien untauglich. "Wir hoffen sehr, dass in den nächsten 6 Monaten, die bis zu einer abschließenden Entscheidung verstreichen werden, Einsicht entsteht, dass die Kirchengemeinden das Angebot des Kirchenasyl nicht missbrauchen, sondern eine echte humanitäre Hilfestellung leisten, die einer Überprüfung staatlichen Handelns dienen soll.
Die Migrationsfachtagung Nord-Ost wird von den Caritasverbänden der nördlichen und östlichen deutschen Bistümer veranstaltet.
Seit 25 Jahren treffen sich Migrationsfachleute, um Fachthemen zu diskutieren und gemeinsame Positionen zu erarbeiten. An der Bremer Veranstaltung nehmen ca. 80 Caritasmitarbeitende teil. Ludger Haukap, der die diesjährige Tagung organisiert hat, blickt auf das Jubiläum: "Seit 25 Jahren treffen wir uns und wir sind noch kein bisschen müde. Im Migrationsbereich leben wir mit schnellen Entwicklungen und fortwährenden Veränderungen. Fortbildung und Austausch auf Fachebene sind deshalb von großer Bedeutung."