Die Stille ist es, die sie besonders berührt. Die Stille im Raum, wenn Manuela Olding am Bett eines Sterbenden sitzt. Diese Momente, in denen alles reduziert ist auf das Wesentliche. Auf den Menschen neben ihr, auf seinen Atem, auf ihren Atem. Darauf, dass sie bei ihm ist, genau jetzt. In diesen Augenblicken zählt nichts anderes, ist nichts anderes wichtig.
"Es geht um das Leben, nicht um den Tod", sagt Manuela Olding über ihr Ehrenamt. "Um ein würdiges Leben bis zuletzt." Die 48-Jährige aus Fürstenau im Landkreis Osnabrück engagiert sich seit fast vier Jahren beim Malteser Hospizdienst St. Johannes Alfhausen. Sie begleitet sterbenskranke Menschen und deren Angehörige. Für manchen mag das unvorstellbar sein, für Manuela Olding ist es eine echte Berufung. "Ich gebe viel und ich bekomme so viel zurück." Menschliche Nähe, gute Gespräche, Dankbarkeit. Sie ist da, wenn der Abschied näher rückt, und sie scheut diese schmerzhaften Momente nicht. Sie bleibt. "Ich bin mit mir selbst im Reinen", antwortet sie auf die Frage, wie sie solche Erfahrungen bewältigt.
Gut begleitet
Und sie begleitet nicht nur - sie fühlt sich auch gut begleitet. "Wir stehen im stetigen Kontakt zu unseren Ehrenamtlichen", erklärt Jutta Rönker, Koordinatorin beim Malteser Hospizdienst St. Johannes. Weiterbildungen, Reflexionsgespräche, Supervision: Die Freiwilligen haben viele Möglichkeiten, über ihre Erlebnisse zu sprechen und möglicherweise Belastendes loszuwerden. "Auf diese Weise bekommen sie die Gelegenheit, sich auszudrücken, trotz der Schweigepflicht ", sagt Jutta Rönker. Den Hospizdienst, der in der Region Alfhausen, Ankum, Fürstenau und Neuenkirchen aktiv ist, gibt es seit 2005. Rund 30 Ehrenamtliche engagieren sich derzeit dort.
Alle Ehrenamtlichen begleiten möglichst immer nur eine Person, so auch Manuela Olding. "Auf diese Weise kann ich mich wirklich auf den Menschen einlassen", erläutert die 48-Jährige. Eine Begleitung sei in der Regel ein sehr intensives Eintauchen in das Leben und das persönliche Umfeld desjenigen, der bald sterben wird. Manchmal ist Manuela Olding monatelang an der Seite dieses Menschen, manche Begleitungen dauern nur wenige Tage oder gar Stunden. Manche sind verbunden mit Gesprächen und gemeinsamen Aktivitäten, bei anderen sitzt Manuela Olding am Bett, hält eine Hand, schweigt. "Jede Begleitung ist anders", sagt sie. Unverwechselbar, individuell, so wie der Mensch, um den es geht. Gemeinsam mit den hauptamtlichen Koordinatorinnen spricht sie im Vorfeld mit dem Klienten und seinen Angehörigen ab, was gewünscht ist. Und dann sind viel Einfühlvermögen und auch Flexibilität notwendig.
Arbeit mit Kindern
Im vergangenen Jahr hat die Fürstenauerin einen Kurs zur Kinderhospizbegleiterin absolviert. Kinder und Tod, das ist eine besonders herausfordernde Kombination. Eine Begleitung hatte Manuela Olding seitdem in diesem Bereich. Da hat sie sich um die beiden Brüder, sechs und acht Jahre alt, eines sterbenden Kindes gekümmert. Hat mit ihnen Kekse gebacken, Ausflüge unternommen, ihnen zugehört. Und festgestellt, dass die Junges trotz ihres jungen Alters ein Bedürfnis hatten, über den Tod zu sprechen.
Hospizbegleitung ist eine Auseinandersetzung mit der Endlichkeit, auch der eigenen. Manuela Olding findet in ihrem Glauben Kraft für ihr Ehrenamt. Und sie erkennt an sich eine neue Gelassenheit. Dankbarer für kleine, vermeintlich alltägliche Dinge sei sie. Und: "Der Tod verliert seinen Schrecken; er wird zu etwas, das nun einmal zum Leben dazugehört."