"Es ist ein Gift der Zersetzung, was da langsam in die Gesellschaft geträufelt wird" - die Eröffnungsworte von Caritasdirektor Franz Loth waren deutlich. Loth begrüßte mit diesem Bild die Teilnehmer an der Caritas-Fachtagung "Rechtspopulismus im Internet", die jetzt in Osnabrück stattfand. "Ich bezeichne das, was wir im Moment erleben, als eine aggressive, reaktionäre und populistische Bewegung, die mich sehr beunruhigt," fuhr Loth fort.
Grund genug für den katholischen Wohlfahrtsverband, sich intensiver mit den Strategien rechtsextremer Bewegungen zu beschäftigen.
"Grenzen des Sagbaren sollen verschoben werden"
Jan Rathje, Referent der Amadeu Antonio Stiftung Berlin, erläuterte Ziele und Methoden der reaktionären Treiber. Eines ihrer wichtigsten Ziele, so der Experte: "Sie wollen die Grenzen des Sagbaren verschieben." Tabubrüche würden gezielt genutzt, um einen Gewöhnungseffekt zu erzielen. Immer gehe es darum, Angst vor Überfremdung, Zuwanderung und dem Islam zu schüren, die etablierten Eliten zu kritisieren und die vermeintlich linke Medienlandschaft in Verruf zu bringen.
Argumente und Fakten hätten in der Diskussion keinen Wert: "Es geht um Emotionalität und Affekte."
Das Weltbild dieser Gruppen und Parteien, so Rathje, sei reaktionär. Das Wohl der Gemeinschaft stehe über dem Wohl des Einzelnen, Individualismus und die liberale Demokratie würden im Grunde abgelehnt.
Gang zur Polizei ist wichtig
Gerade im Internet nutzen rechtsextreme Bewegungen auch sehr aggressive Mittel. Kritiker werden gerade in den sozialen Medien mit Hasskommentaren überschüttet, die bis hin zu Morddrohungen reichen.
Die Rechtslage in diesen Fällen erläuterte der Berliner Rechtsanwalt Christian Löffelmacher. Seine wichtigste Botschaft: Wenn man selbst betroffen sei oder fragwürdige Beiträge wahrnehme, dann ist der Gang zur Polizei sinnvoll. "Hier wird eine Saat ausgetragen, die an den Grundfesten unserer Demokratie rüttelt. Deshalb sollte man auf jeden Fall Anzeige erstatten, wenn man den Eindruck hat, dass eine Straftat vorliegt," so der Jurist. Dabei muss man nicht die jeweiligen Paragraphen kennen: "Es reicht, den Sachverhalt zu beschreiben und zum Beispiel mit Screenshots zu belegen. Polizei und Staatsanwaltschaft überprüfen dann, ob es sich um eine Straftat handelt."
"Position für Demokratie beziehen"
Jan Rathje unterstrich, dass es sinnvoll sei, Position zu beziehen und menschenfeindliche Kommentare beim Namen zu nennen: "Eine Argumentation, die dem Muster ‚Wir gegen Die‘ folgt, ist menschenfeindlich. Genauso Verallgemeinerungen wie ‚Alle Flüchtlinge sind …‘ oder vermeintliche Tabubrüche nach dem Motto, dass man ja dies oder das wohl sagen dürfe."
Auch Rathje forderte die Teilnehmenden des Fachtags auf, sich zu engagieren: "Wir alle müssen uns stärker für unsere Gesellschaft und unsere Demokratie positionieren!" Dem pflichtete auch Franz Loth bei: "Wir müssen wach werden! Die anderen sind verdammt lauf - aber wir lassen uns nicht bange machen!"