Jeden Mittwoch trifft sich hier der neu gegründete Popchor unter der Leitung von Gesangspädagogin Manuela Gebetsroither. Das Besondere: Die Mitglieder des Chors haben eine Drogengeschichte hinter sich, sind nun "clean" und nutzen den Chor als begleitende musikalische Therapie.
"Musik entsteht nicht ohne den Menschen, der Mensch lebt nicht ohne Musik - beide bilden eine Einheit", erläutert Gebetsroither das Prinzip des Chors. Seit nun elf Wochen probt sie hier mit Männern und Frauen, die einfach mal ausprobieren wollen, wie es ist, in einem Chor zu singen. Jeder kann mitmachen, Songs vorschlagen oder Noten mitbringen. Gemeinsam oder auch mehrstimmig übt Gebetsroither die Lieder dann mit den Chormitgliedern ein.
Die aus Österreich stammende Sängerin ist vor drei Jahren der Musik zu liebe nach Osnabrück gekommen. Hier studiert sie Popgesang an der Hochschule. Im Rahmen eines Projektes hatte sie die Idee, einen Chor für Menschen mit Suchterkrankungen ins Leben zu rufen. Auch für sie war der Chor in dieser Konstellation erstmal Neuland. "Ich bin keine Therapeutin und war am Anfang ganz schön nervös. Ich habe mich gefragt, wie sie wohl reagieren werden." Schnell habe sich aber die positive Wirkung der Musik gezeigt. "Es ist einfach toll zu beobachten, wie sich die Teilnehmer weiterentwickeln, wie sie Spaß am Singen haben."
Singen kann eine heilende Wirkung haben, zur Bewältigung von Alltagsproblemen beitragen und das emotionale Gleichgewicht verbessern, das belegen mittlerweile Studien. Und das zeigen auch Befragungen der Sängerinnen und Sänger. Auf Fragebögen geben sie an, wie ihr Gemütszustand vor und nach der Chorprobe ist: von unsicher und ängstlich, hin zu selbstbewusst und offen. "Nach dem Singen geht es den Teilnehmern besser, das ist eindeutig und das motiviert natürlich auch mich", sagt Gebetsroither.
"Am Anfang war das schon etwas seltsam, ich wusste nicht, ob ich überhaupt singen kann", erzählt einer der Teilnehmer. "Mittlerweile sind die eineinhalb Stunden Chorprobe für mich Entspannung, da kann ich abschalten, mich einfach gut fühlen", sagt er mit strahlenden Augen. "Meine Woche bekommt durch die Treffen eine Struktur, ich komme unter Leute und bin sicherer geworden."
Nicht nur jeden einzelnen, auch die Gruppe hat die Musik verändert. "Zu Beginn war es eine sehr heterogene Gruppe, einige waren sehr nervös, haben sich unwohl gefühlt." Durch das gemeinsame Singen sei ein Gemeinschaftsgefühl entstanden, erklärt Gebetsroither. Obwohl sich die Mitglieder des Chors noch nicht allzu lange kennen, herrscht nun eine Atmosphäre des Miteinanders, ein Zugehörigkeitsgefühl, das sich schnell auf andere überträgt.